Ein bisschen aussergewöhnlich war die Episode schon, die sich am Mittwoch an der bundesrätlichen Corona-Pressekonferenz ereignete. Auf die Frage, wie sich Bundespräsident Guy Parmelin (61) dazu stelle, dass seine SVP Alain Berset (48) seit Wochen attackiert und gar als Diktator bezeichnete, stellte sich Parmelin demonstrativ und ziemlich überzeugend hinter Berset.
«Sieht er etwa wie ein Diktator aus?», fragte Parmelin mit einem Augenzwinkern, um dann umso ernster fortzufahren. «Wir treffen die Entscheidungen im Team», machte er unmissverständlich klar. Auch SVP-Bundesratskollege Ueli Maurer (70) stellte sich – ungefragt – hinter Berset.
Chiesa wiegelt ab
Beide SVP-Bundesräte gingen damit auf Distanz zu ihrer eigenen Partei. Und wie reagiert diese? Sind Parmelin und Maurer nun nur noch «halbe Bundesräte» wie dannzumal Samuel Schmid (74)?
SVP-Chef Marco Chiesa (46) wiegelt ab. «Gemäss unserer Bundesverfassung müssen sich die Bundesratsmitglieder kollegial verhalten – und das erwarte ich als Parteipräsident auch von den SVP-Bundesräten», sagt der Tessiner. Er gehe davon aus, dass sowohl Maurer als auch Parmelin intern die SVP-Position unterstützt hätten – die ja ein sofortiges Ende des Lockdown fordert.
Zudem sei «klar, dass die Corona-Politik wesentlich von Bundesrat Berset und seinem Bundesamt für Gesundheit verantwortet wird». Er würde aber zu gern wissen, welche Position die beiden FDP-Bundesräte vertreten haben – «offenbar nicht die gleichen wie die Jungfreisinnigen», mit denen die SVP 250'000 Unterschriften für die «Stop Lockdown»-Petition gesammelt haben.
«Man muss die Verantwortlichen beim Namen nennen»
Dass der Bundesrat als Gesamtgremium entscheidet, dient für Chiesa als Entschuldigung für seine eigenen Magistraten, aber das zählt offensichtlich nicht, wenn die SVP weiter poltern möchte: Kaum war am Mittwoch die Medienkonferenz des Bundesrats beendet, watschte die SVP die «Berset-Strategie» auf Twitter als «inakzeptabel» ab. Chiesa selbst rief zu «Widerstand» auf.
Darauf angesprochen, wehrt sich Chiesa: «Wir Parteien müssen Entscheidungen auch hinterfragen. Eine Demokratie braucht lebendige Diskussionen – und man muss die Verantwortlichkeiten beim Namen nennen.»
Es sieht so aus, als müsste Berset weiterhin mit dem SVP-Bashing leben.