Tamedia bedauert, dass Aufklärung so lange gedauert hat
Bericht bestätigt «fäkalisierte Sprache» beim «Tagi-Magi»-Chef

Eine «Magazin»-Redaktorin wirft ihrem ehemaligen Chef jahrelanges Mobbing vor. Nun räumt der Tamedia-Verlag bei der Aufklärung der Vorwürfe Versäumnisse ein.
Publiziert: 05.02.2023 um 21:12 Uhr
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Aktualisiert: 05.02.2023 um 21:16 Uhr
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Anuschka Roshani hat sich an die Öffentlichkeit gewandt.

Der Tamedia-Verlag hat nach Bekanntwerden der Mobbing-Vorwürfe auf der «Magazin»-Redaktion Versäumnisse eingeräumt. Die Aufklärung in dem Fall habe zu lange gedauert, schrieb Geschäftsführer Andreas Schaffner in einer Stellungnahme am Sonntag an die Belegschaft.

«Tamedia hat die Vorwürfe von Frau Roshani sehr ernst genommen und sorgfältig überprüft», hiess es in dem Schreiben, das dem Medienmagazin «Persönlich» vorliegt. In einer Führungskultur, die man im Verlag erwarte, hätte es erst gar nicht zu einem solchen Konflikt kommen dürfen. Unter den Vorfällen hätten die Arbeitsatmosphäre und die Unternehmenskultur gelitten. «Wir bedauern das ausdrücklich.»

Was ist passiert? Die ehemalige «Tagi-Magi»-Redaktorin Anuschka Roshani (56) hatte in einem Gastbeitrag im deutschen Magazin «Spiegel» am vergangenen Freitag schwere Mobbing- und Sexismus-Vorwürfe gegen ihren ehemaligen Vorgesetzten Finn Canonica (56) erhoben. Er stand der Wochenendbeilage des «Tages-Anzeigers» zwischen 2007 und 2022 als Chefredaktor vor.

Hakenkreuz auf Manuskript

Roshani arbeitete von 2002 bis Ende 2022 als Redaktorin beim «Magazin». Canonica habe sie währenddessen unter anderem als «die Ungefickte» bezeichnet, so Roshani. Habe sie als Deutsche ein in der Schweiz unübliches Wort wie etwa Kekse statt Guetzli verwendet, habe Canonica das mit einem Hakenkreuz auf ihrem Manuskript markiert. Entsprechende Belege lagen dem «Spiegel» nach dessen Aussage vor.

Canonicas Anwalt wies im «Spiegel» alle Anschuldigungen Roshanis zurück: Die Vorwürfe würden nicht zutreffen und werden vehement bestritten, hiess es.

Fünf ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des «Magazins» bestätigten in einem Artikel der «Zeit» Roshanis Vorwürfe. Das Wochenblatt aus Hamburg (D) recherchiert die geschilderten Fälle selber seit Monaten.

Externe Kanzlei untersuchte Vorwürfe

Der Tamedia-Verlag liess die Vorwürfe der Redaktorin von einer externen Kanzlei untersuchen, wie es in der Stellungnahme vom Sonntag hiess. Und weiter: «Respekt, Wertschätzung und eine darauf beruhende Führungskultur sind essentielle Prinzipien unseres Hauses.» Tamedia habe sich um Transparenz und Gerechtigkeit bemüht und beide Parteien über den Inhalt des Untersuchungsberichts informiert. Roshani schreibt, sie als Betroffene habe das Ergebnis des Berichts nie erfahren.

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Zusammenfassung des Tamedia-Untersuchungsberichts – Seite 1.

Blick liegt die Kurzzusammenfassung des Untersuchungsberichts der Kanzlei vom Mai 2022 vor. Tamedia machte diesen am Sonntag seinen Mitarbeitenden zugänglich. Der Bericht war zum Schluss gekommen, dass sich ein erheblicher Teil der Vorwürfe gegen Canonica, insbesondere die Vorwürfe «von sexueller Belästigung, Mobbing und Diskriminierung» nicht bestätigen liessen. Allgemein seien die Vorwürfe teils unzureichend belegt gewesen, heisst es darin weiter.

Allerdings steht im Bericht auch: «Beim Vorwurf der sexualisierten und fäkalisierten Sprache zeigte sich, dass Finn Canonicas Sprachgebrauch teils unangemessen ist.» Und: Auch die Hakenkreuzredigatur müsse als erstellt gelten, solches Verhalten sei nicht hinnehmbar. «Die Untersuchungspersonen empfehlen in diesem Punkt eine Abmahnung resp. Verwarnung. Insgesamt werden auch Führungscoachings empfohlen.»

Roshani wirft Tamedia Untätigkeit vor

Roshani hat sich gemäss eigenen Aussagen wiederholt an verschiedene interne Stellen im Haus gewandt. Eine Reaktion darauf soll sie von der Unternehmensspitze nie erhalten haben. Stattdessen habe man ihr das Gefühl gegeben, sie sei das Problem. «Und als wäre es ein privater Zwist zwischen mir und Canonica.»

Ihrem Ex-Arbeitgeber, dem Tamedia-Verlag, warf Roshani Untätigkeit vor. Sie verklagte den Verlag wegen Verletzung der Fürsorgepflicht aufgrund sexistischer Diskriminierung und ungültiger oder missbräuchlicher Kündigung.

Sowohl von Finn Canonica als auch – «aufgrund der Untersuchung» – von Anuschka Roshani habe man sich getrennt. Brisant: Noch am Freitag hiess es in einem offiziellen Statement von Tamedia: «Herr Canonica hat sich letzten Sommer schliesslich entschieden, Tamedia zu verlassen.» (oco)

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