Reiche Ausländer decken sich in der Schweiz mit Immobilien ein – obwohl die Lex Koller das untersagt. Besonders begehrt sind Villen im Berner Oberland rund um den Nobelkurort Gstaad. Dort drückt das Regierungsstatthalteramt auch mal beide Augen zu, wenn dafür dem Fiskus schöne Einnahmen winken, wie Blick berichtete.
Doch es ist alles noch viel schlimmer. Nicht nur dass uns Ausländer Grund und Boden wegkaufen. Nicht selten wird damit auch Schwarzgeld aus dubiosen Quellen gewaschen. Genau darauf deutet einiges in einem krassen Fall aus Zürich hin, den die Staatsanwaltschaft derzeit untersucht.
Fünf Beschuldigte
Im Zentrum steht die Deutsche Lilly F.*(26), die in der Schweiz eine Hotelfachschule besucht haben soll. Mit gerade einmal 20 Jahren kauft sie am 3. September 2015 für angeblich 5000 Franken eine Immobilienfirma, die SwissHüsli*. Und zwar rückwirkend auf den September des Vorjahres. 2014 war die die Firma ein «leerer Mantel», wie es in der Strafanzeige des Bezirksrats Zürich gegen fünf beteiligte Personen heisst. Die Zürcher Oberstaatsanwaltschaft bestätigt den Eingang der Anzeige, die Blick vorliegt.
Im September 2014 tätigte die SwissHüsli Millionendeals – und zwar mit Geld, das wohl von Lilly F.s Vater kam, der im Ausland wohnt. Damit soll gegen die Lex Koller verstossen worden sein, die Ausländern ohne Schweizer Wohnsitz den Kauf von Schweizer Land verbietet. Lillys in Odessa (Ukraine) geborener Vater Viktor K.* ist der Hauptverdächtige in diesem Rechtsfall. Er ist schon lange deutscher Staatsbürger und liess seinen Nachnamen einst eindeutschen. Er ist in Berlin in der Glücksspiel-Branche tätig, habe aber auch eine Adresse in Monaco.
Fast auf den Tag genau ein Jahr bevor Lilly F. die SwissHüsli zum Schnäppchenpreis übernahm, kaufte sie eine Zürcher Liegenschaft im Wert von 5,2 Millionen Franken und zudem Stockwerkeigentum in Oberwil-Lieli AG für 9,4 Millionen Franken. Am 21. Januar 2015 gönnte sie sich zwei weitere Häuser: eins in Dietikon ZH für 16 Millionen Franken und eins in Zürich-Wiedikon für 10 Millionen.
Partygirl und Strohfrau
Lilly F.s Aufgabe war es allerdings nicht, die Immobilienfirma weiterzuentwickeln. Involvierte winken ab und beschreiben die junge Frau als «Partygirl», das kein Interesse am Immobiliengeschäft habe und noch weniger Ahnung davon. Ihr wird nun vorgeworfen, lediglich als Strohfrau zu fungieren und bloss formell Eigentümerin mehrerer Immo-Firmen zu sein.
Am Schluss soll alles ihrem Vater gehören. Viktor K. habe über Konten in diversen Ländern unversteuertes Geld aus dem Glücksspiel in Deutschland in die Schweizer Immobilien gesteckt und es so gewaschen, lautet der Verdacht. Die anderen Beschuldigten, die in leitender Position bei verschiedenen beteiligten Firmen arbeiteten, sollen die Immobiliengeschäfte ermöglicht haben. Und geholfen haben zu verschleiern, wer am Schluss der wirtschaftlich Berechtigte ist und wie alles finanziert wurde.
«Oh, wie schön ist Panama»
40,6 Millionen Franken hat die SwissHüsli laut Strafanzeige innert fünf Monaten auf der Häusertour ausgegeben. Dafür hätte sie laut Bezirksrat Zürich etwa 14 Millionen Franken Eigenmittel aufbringen müssen. Dieses Geld hatte die SwissHüsli selbst nicht.
Woher kam das Geld? Lillys Vater hat seiner Tochter abends kaum aus dem Janosch-Kinderbuch «Oh, wie schön ist Panama» vorgelesen. Aber er nutzte eine Offshore-Firma in Panama-Stadt. Der Blick aus dem 16. Stockwerk des Hochhauses, in dem die Firma Alpha* ansässig ist, dürfte grandios sein: Das imposante Bauwerk steht gleich am Pazifik.
10 Millionen Franken von Panama nach Liechtenstein
Laut Bezirksrat flossen von Alpha-Konten zwischen 2014 und 2017 rund 10 Millionen Franken auf Liechtensteiner Konten der Firma Property*, die personell mit der SwissHüsli verbandelt ist. Einer der Beschuldigten taucht in unterschiedlicher Leitungsfunktion in beiden Firmen auf. Ein weiterer Angezeigter amtet als Verwaltungsratspräsident einer der involvierten Fondsmanagement-Firmen.
Die beiden Schweizer sollen Unterlagen produziert haben, die nicht den Tatsachen entsprechen. Gleiches wird einem weiteren Schweizer vorgeworfen, der im Ausland wohnt. Dieser soll sich selbst dann noch als wirtschaftlich Berechtigter der SwissHüsli ausgegeben haben, als Lilly F. die Firma bereits gekauft hatte.
Weitere 4,5 Millionen Franken wurden von einem angeblichen «Kunden» auf die gleichen Liechtensteiner Konten überwiesen. Die Property wiederum gewährte laut Strafanzeige umfangreiche Darlehen an die SwissHüsli. 8 Millionen sind belegt.
Zwei Geldwäscherei-Verdachtsmeldungen
Zudem hat ein polnischer Freund der Familie K. ein Darlehen in der Höhe von 1,1 Millionen Euro gewährt. Es wurde aufgestückelt in neun Zahlungen. Die Überweisungen wurden innert anderthalb Monaten von drei verschiedenen Banken aus getätigt.
Das erweckte ein Jahr später die Aufmerksamkeit der Raiffeisenbank Rapperswil-Jona SG. Raiffeisen machte bei der zuständigen Behörde deshalb zwei Geldwäscherei-Verdachtsmeldungen gegen F. und die SwissHüsli, die beide Konten bei der Rapperswiler Raiffeisen-Filiale hatten. Auch diese Verdachtsmeldung bestätigt die Oberstaatsanwaltschaft Zürich.
Lilly F. gewährte ihrer SwissHüsli selbst ebenfalls ein Darlehen in der Höhe von 800'000 Franken. Einen weiteren Kredit von 4,7 Millionen Franken gewährte die Property dann einer Luzerner Immobilienfirma.
Diese hat ihren Sitz just an der Adresse in Oberwil-Lieli, an der die SwissHüsli Stockwerkeigentum besitzt. Auch die Property soll formal dem Partygirl gehören. Doch der wirtschaftlich Berechtigte sei auch hier Lillys Vater.
Deutsche Behörden informiert
Nach den ersten vier Immobilienkäufen der SwissHüsli wurde es für die Firma offenbar schwierig, selbst weitere Immobilien zu posten, vermutet der Bezirksrat. Und dies, obwohl Lilly F. seit September 2018 den Schweizer Pass besitzt.
Nach Januar 2015 ist die Geschäftstätigkeit der SwissHüsli jedenfalls unklar. Klar ist aber: F.s SwissHüsli verkaufte eine der Zürcher Liegenschaften mit 300'000 Franken Gewinn. Jene in Zürich-Wiedikon schlug sie 2019 nach vorherigen Investitionen für 10 Millionen los. Am
16. Juli 2020 konnte sie das Haus in Dietikon für 16,4 Millionen Franken abstossen.
Ab Frühling 2015 ersparte es sich die SwissHüsli, selbst Häuser zu erwerben. Sie kaufte gleich ganze Immobilienfirmen, dank derer sie zu weiterem Immobilienbesitz in Zürich und in Granges-Paccot FR gelangte.
Auch auf diese Weise können Ausländer Schweizerinnen und Schweizern Grund und Boden entziehen. Hier müsste die Lex Koller ebenfalls greifen – und greift doch nicht richtig.
Die Mittel, die von der panamaischen Offshore-Firma Alpha und von «einem Kunden» an Property flossen, sollen aus Viktor K.s Geschäftstätigkeit in Berlin stammen – und den dortigen Fiskus interessieren. Zudem sei die Generalstaatsanwaltschaft in Berlin informiert. Und es gebe Fragen, die die Liechtensteiner Finanzmarktaufsicht betreffen. Für die fünf Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.
Lilly F. soll die SwissHüsli 2016 als Schenkung ihrer Eltern in Zürich versteuert haben.
*Namen von der Redaktion geändert.