SP-Nationalrat kritisiert SRG
«Wir brauchen mehr Migranten im Fernsehen»

Sie zahlen Serafe, aber haben nichts davon: SP-Nationalrat Mustafa Atici bemängelt, dass die SRG ihr Programm zu wenig auf die Migrationsbevölkerung ausrichtet. Nun soll der Bundesrat Druck machen.
Publiziert: 15.03.2022 um 00:15 Uhr
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Aktualisiert: 15.03.2022 um 12:08 Uhr
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SP-Nationalrat Mustafa Atici fordert mehr Vielfalt im SRG-Programm.
Foto: STEFAN BOHRER
Lea Hartmann

Das Schweizer Fernsehen ist heute ein Fernsehen für Schweizer. Dieser Meinung ist SP-Nationalrat Mustafa Atici (52). Viel zu selten seien Menschen mit ausländischen Wurzeln oder Pass zu sehen, findet der Basler kurdischer Herkunft. «38 Prozent der Bevölkerung ist wie ich eingewandert oder beide Eltern sind im Ausland geboren. Auch sie zahlen Serafe-Gebühren – aber sie profitieren zu wenig davon», sagt er.

Darum wird Atici nun tätig. Er hat im Parlament einen Vorstoss lanciert, der von der SRG mehr Diversität fordert. «Es braucht mehr Migranten im Fernsehen und Radio», so der Nationalrat. 14 SP-Nationalrätinnen und Nationalräte haben den Vorstoss Aticis mitunterzeichnet.

Corona habe Handlungsbedarf gezeigt

Konkret fordern sie den Bundesrat auf, Druck zu machen, dass das SRF und die anderen SRG-Sender mehr darüber berichten, was die Migrationsbevölkerung interessiert. Atici schlägt beispielsweise vor, dass die SRG mit Medien wie Albinfo, einem Newsportal für die albanische Diaspora in der Schweiz, zusammenarbeitet. Der SP-Nationalrat fordert von der SRG zudem, dass auch mehr Menschen mit ausländischen Wurzeln vor der Kamera oder dem Mikrofon stehen.

Die SRG ist verpflichtet, in der Berichterstattung Menschen mit Migrationshintergrund zu «berücksichtigen». So ist es in der Konzession des Bundes festgehalten. «Ich finde, dass das noch konsequenter umgesetzt werden muss», sagt Atici.

Dass es Handlungsbedarf gibt, habe die Corona-Pandemie vor Augen geführt. «Es zeigte sich, dass unsere Medien einen grossen Teil der Migrationsbevölkerung nicht erreichen, weil sie sich nicht repräsentiert fühlen.» Stattdessen hätten sie sich vor allem über ausländische Medien informiert, die teilweise nicht unabhängig und deren Inhalte deshalb mit Vorsicht zu geniessen seien.

Mehr Diversität auch in der Teppichetage

Zudem hat Atici die Geschichte von SRF-Moderatorin Angélique Beldner (46) berührt. Die Fernsehfrau erzählte in einem Dokfilm 2020 über ihre Erfahrungen mit Rassismus und schrieb darüber auch ein Buch. Sie berichtete davon, dass ihre erste Bewerbung als «Tagesschau»-Moderatorin Anfang 2000er abgewiesen worden sei. Man habe ihr gesagt, die Schweiz sei noch nicht bereit für eine dunkelhäutige Moderatorin», erinnerte sich Beldner.

Dabei sei es eben gerade äusserst wichtig, dass in den Medien die Vielfalt der Gesellschaft abgebildet wird, sagt SPler Atici. Im Vorstoss kritisiert er, dass auch in den Führungsgremien der SRG zu wenig Diversität herrsche. Das betrifft nicht nur die Herkunft. Sieben der acht Geschäftsleitungsmitglieder sind Männer.

Personal aus 32 Nationen

Die SRG will auf Anfrage keine Stellung zum konkreten Vorstoss und den Forderungen aus den Reihen der SP nehmen. Sprecher Edi Estermann sagt: «Ziel ist, dass die SRG mit ihren Angeboten alle Menschen in der Schweiz anspricht, unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft, Religion, sexueller Orientierung, Beeinträchtigung oder Lebensmodellen», sagt er. Ob dieses Ziel erreicht wird, lässt er offen.

Gleichzeitig, sagt Estermann, wolle die SRG auch für alle Menschen eine attraktive Arbeitgeber in sein – «unabhängig ihrer persönlichen Merkmale». Wie viele der Mitarbeitende beim Schweizer Radio und Fernsehen einen Migrationshintergrund haben, lässt sich nicht sagen. Laut SRG sind 32 Nationalitäten vertreten.

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