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SP-Nationalrätin behauptet, Impfen alleine schütze nicht vor Krankheit – Experte widerspricht
«Das ist doch pervers»

Wie hast du es mit Impfen? Die derzeit heisseste Gretchenfrage in der Gesundheitspolitik bringt SP-Frauen ins Dilemma. Und Immunologe Beda Stadler (68) ob der impfkritischen Haltung von Genossin Edith Graf-Litscher (55) «in Rage».
Publiziert: 06.05.2019 um 22:57 Uhr
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Aktualisiert: 07.05.2019 um 13:19 Uhr
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Impfskeptikerin Edith Graf-Litscher ist vehement gegen einen Impfzwang – und hinterfragt die Wirksamkeit von Masern-Impfungen. «Man hat nie einen hundertprozentigen Schutz.»
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Cinzia Venafro

Zwei Menschen sterben in der Schweiz an Masern – obwohl die Krankheit eigentlich ausgerottet war. Gesundheitspolitikern wie CVP-Nationalrätin Ruth Humbel (61) und BDP-Nationalrat Lorenz Hess (57) platzte nun der Kragen. Sie fordern ein Impfobligatorium – und eine Busse für Impfmuffel.

Wie hast du es mit Impfen? Bei der SP hingegen sorgt die derzeit heisseste Gretchenfrage der Gesundheitspolitik für Kopfzerbrechen. Sie sei im «Impf-Dilemma», sagt etwa SP-Gesundheitspolitikerin Silvia Schenker (65). «Bisher war ich klar gegen einen Zwang oder eine Busse. Aber die Situation scheint sich dramatisch zu verschlechtern.»

Impfkritikerin in SP-Reihen

Gegen einen Impfzwang wehrt sich SP-Impfkritikerin Edith Graf-Litscher (55). «Es darf niemand zum Impfen gezwungen werden, und eine Busse für Nicht-Impfer darf nicht sein! Ein Zwang oder eine Busse greift in die Persönlichkeitsrechte jedes Einzelnen ein», so die Thurgauerin.

Pikant: Graf-Litscher bezweifelt die Wirksamkeit von Impfen. «Man hat nie einen hundertprozentigen Schutz vor Krankheiten», sagt sie. Man könne im Leben nicht davon ausgehen, dass nur wenn man geimpft sei, vor Krankheiten gefeit bleibe. Litscher hat selbst keine Kinder. Auf die Frage, ob sie denn das eigene Kind impfen würde, wäre sie Mutter, weicht die Nationalrätin aus. «Diese Frage stellt sich nicht.»

Immunologe Beda Stadler: «Das ist pervers»

Konfrontiert mit Graf-Litschers Impfhaltung, verliert Immunologe Beda Stadler (68) die Fassung. «Was – es gebe keinen hundertprozentigen Schutz vor Krankheiten? Wenn ich solche Aussagen einer SP-Gesundheitspolitikerin nur schon höre, gerate ich in Rage. Das ist doch pervers», so Stadler.

«Da will jemand progressiv impfkritisch sein und gefährdet Babys, alte oder bereits kranke Menschen!» Sein Sohn habe einen langen Kampf gegen den Krebs vorerst gewonnen, «er war während Jahren mit Chemo und Stammzellentherapie hochgefährdet. Menschen, die sich und ihre Kinder nicht impfen, gefährden Menschen wie meinen Sohn massiv.»

Stadler betont: «Die Menschen sollen sich mal vorstellen, dass in ihrer Umgebung zwei Leute wegen Masern gestorben sind – und man das Virus zu einem selber zurückverfolgen kann. Man ist dann also direkt schuld am Tod.»

«Wir müssen über einen Impfzwang nachdenken»

Daher widerspricht auch die SP-Nationalrätin und Präsidentin des Schweizerischen Verbands für Mütter und Väterberatung, Flavia Wasserfallen (40), ihrer Parteikollegin Graf Litscher. «Bei Krankheiten wie den Masern, die zu schweren Komplikationen oder gar zu Todesfällen führen können, müssen wir über einen Impfzwang nachdenken», sagt die Bernerin. Eine Busse für Impfmuffel lehnt Wasserfallen aber vehement ab.

Impfzwang – ja oder nein? SP-Frau Min Li Marti (44), die ihr Kind gemäss BAG-Richtlinien geimpft hat, fragt sich, «ob ein Impfzwang nicht kontraproduktiv wäre. Gewisse Kreise könnten ihre Kinder dann einfach überhaupt nicht mehr zum Arzt schicken».

Die wichtigsten Impfungen der Schweiz für Kinder

Das sind die wichtigsten Impfungen, die das Bundesamt für Gesundheit (BAG) empfiehlt.

  • Diphtherie, Tetanus (Starrkrampf), Pertussis (Keuchhusten):
    5 Impfungen im Alter von 2 Monaten bis 7 Jahren.
  • Poliomyelitis (Kinderlähmung):
    5 Impfungen im Alter von 2 Monaten bis 7 Jahren.
  • Masern, Mumps und Röteln:
    2 Impfungen im Alter von 1 bis 2 Jahren.
  • Pneumokokken (Lungen- und Hirnhautentzündung):
    3 Impfungen im Alter von 2 Monaten bis 1 Jahr.
  • Haemophilus influenzae (bakterielle Infektion):
    4 Impfungen im Alter von 2 Monaten bis 2 Jahren.
  • Meningokokken (Hirnhautentzündung):
    2 Impfungen im Alter von 1 bis 15 Jahren.
  • Varizellen (Windpocken, Wilde Blattern):
    1 Impfung im Alter von 11 bis 15 Jahren.
  • Humane Papilloma-Viren (Gebärmutterhalskrebs):
    1 Impfung im Alter von 11 bis 15 Jahren.

Das sind die wichtigsten Impfungen, die das Bundesamt für Gesundheit (BAG) empfiehlt.

  • Diphtherie, Tetanus (Starrkrampf), Pertussis (Keuchhusten):
    5 Impfungen im Alter von 2 Monaten bis 7 Jahren.
  • Poliomyelitis (Kinderlähmung):
    5 Impfungen im Alter von 2 Monaten bis 7 Jahren.
  • Masern, Mumps und Röteln:
    2 Impfungen im Alter von 1 bis 2 Jahren.
  • Pneumokokken (Lungen- und Hirnhautentzündung):
    3 Impfungen im Alter von 2 Monaten bis 1 Jahr.
  • Haemophilus influenzae (bakterielle Infektion):
    4 Impfungen im Alter von 2 Monaten bis 2 Jahren.
  • Meningokokken (Hirnhautentzündung):
    2 Impfungen im Alter von 1 bis 15 Jahren.
  • Varizellen (Windpocken, Wilde Blattern):
    1 Impfung im Alter von 11 bis 15 Jahren.
  • Humane Papilloma-Viren (Gebärmutterhalskrebs):
    1 Impfung im Alter von 11 bis 15 Jahren.
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