Die SVP tut sich schwer mit der Corona-Impfung. Keine Partei hat mehr Impfskeptiker in ihren Reihen. Jetzt hat sich einer der bekannteren SVP-Exponenten doch noch zur Spritze durchgerungen: der alt Nationalrat und ehemalige Parteipräsident Toni Brunner (47). Er tue das wirklich sehr ungern, betont Brunner in einer Kolumne im «St. Galler Tagblatt».
In den Spitälern liegen aktuell derart viele meist ungeimpfte Corona-Patienten, dass vielerorts Triage-Entscheide drohen, dass also entschieden werden muss, wer noch behandelt werden kann. Und die Taskforce des Bundesrates warnt davor, dass die Triage bald schweizweit nötig sein wird. Das scheint aber auf Brunners Impf-Entscheid wenig Einfluss gehabt zu haben – er erwähnt es in seiner Kolumne zumindest nicht. Er werde sich nur aus Pragmatismus impfen lassen, schreibt Brunner. Ausführlicher wird er erst bei seinem Unmut über die schweizerische Corona-Politik.
Gastro als «Pfleger der Nation»
Brunner folgt dabei ganz der Rhetorik, die die SVP im Abstimmungskampf um das – inzwischen deutlich gescheiterte – Referendum gegen das Covid-Gesetz vorgebracht hatte: Nach seinem Geschmack werde «viel zu viel bevormundet», Ungeimpfte wie Menschen zweiter Klasse behandelt und diskriminiert. Er, der ein Restaurant in den Bergen führe, sei am Puls der Schweizerinnen und Schweizer. Eigentlich seien ja Gastronomen wie er die «wahren Pfleger der Nation».
Brunner räumt auch ein: «Ich bin etwas ratlos und auch noch nie so froh gewesen, nicht in Bern im Bundeshaus sein zu müssen.» Denn da wäre er verzweifelt, weil isoliert. Er glaube nach wie vor, dass es auch andere Wege gegeben hätte. «Nicht zu impfen, wäre natürlich der brutalere Weg gewesen. Mehr Tote, aber vielleicht auch nicht ein endloses Trauerspiel, das nie mehr enden will.»
«Standhafter Toni fällt um»
In den einschlägigen Telegram-Kanälen kommt der Impfentscheid schlecht an. Obwohl Brunners Kolumne alles andere als ein Impf-Appell ist, wird allein der Fakt, dass sich der SVPler zur Spritze durchgerungen hat, als Verrat angesehen.
Er vermute, dass Brunner von seinen Parteikollegen «weichgeklopft» worden sei, schreibt einer. «Der einst standhafte Toni fällt also auch um.» Das «Haus der Freiheit», das Brunner im Toggenburg gemeinsam mit seiner Partnerin, SVP-Nationalrätin Esther Friedli (44), führt, müsse eigentlich umbenannt werden: In das «Haus der Hörigkeit». (gbl)