«Wir leben in turbulenten Zeiten, in einer Welt, die unübersichtlicher geworden ist», resümierte Verteidigungsministerin Viola Amherd (58) am Donnerstag vor den Medien. Die Corona-Pandemie, der Klimawandel, Terrorismus, Cyber-Angriffe: Die Sicherheitslage sei weltweit und auch in Europa instabiler geworden. Die Bedeutung der Sicherheitspolitik nehme weiter zu.
Die Schweiz will ihre Sicherheitspolitik noch stärker auf das veränderte Umfeld und neue Bedrohungen ausrichten. Nun hat Amherd den vom Bundesrat abgesegneten Sicherheitspolitischen Bericht 2021 vorgestellt, der die Prioritäten auflistet, die in der Sicherheitspolitik der Schweiz gelten sollen.
Cyber-Angriffe und Fake News
Der letzte Bericht datiert von 2016. Seither hat sich viel verändert: «Zusätzliche Bedrohungen und Gefahren sind aufgetaucht, ohne dass die früheren verschwunden wären», erklärte Amherd. Die Schutzwirkung des geografischen und politischen Umfelds der Schweiz habe abgenommen.
Für den Bundesrat sind beispielsweise Cyber-Angriffe und Fake News neue «Phänomene, die innerhalb weniger Jahre zu vitalen Bedrohungen für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft geworden sind». Die Schweiz müsse ihre Sicherheitspolitik deshalb noch stärker auf das veränderte Umfeld und neue Bedrohungen ausrichten. «Dieses Problem hat deutlich zugenommen», kommentierte Amherd.
Terror und gewaltsame Konflikte
Das bedeutet laut dem Bundesrat aber nicht, dass ältere Bedrohungen wie etwa der islamistische Terror weniger aufmerksam verfolgt werden könnten. Auch konventionelle militärische Mittel würden weltweit wieder stärker zur Verfolgung eigener Interessen eingesetzt. An den Rändern Europas bestehe weiter das Risiko gewaltsamer Konflikte.
Die Chefin der Sicherheitspolitik, Pälvi Pulli (49), verwies etwa auf die Krim-Halbinsel und den gewaltsamen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine oder auf den Unruheherd Libyen. Entsprechend blieben auch Mittel wie moderne Kampfflugzeuge für Schutz und Sicherheit von Land und Bevölkerung weiter unverzichtbar, liess sich Amherd einen Werbespot für das Sechs-Milliarden-Projekt nicht nehmen. «Das Umfeld hat sich insgesamt verdüstert.»
Der Bundesrat definiert im aktuellen Sicherheitspolitischen Bericht neun Ziele, die in der Schweizer Sicherheitspolitik in den nächsten Jahren als Schwerpunkte verfolgt werden sollen. So soll etwa die Früherkennung von Bedrohungen gestärkt werden.
Corona-Krise mit starken Auswirkungen
Ein weiteres Ziel ist die «freie Meinungsbildung und unverfälschte Information», damit die öffentliche und politische Diskussion in der Schweiz frei, transparent, gestützt auf Fakten – und ohne Desinformation, Beeinflussungsversuche und Propaganda durch staatliche Stellen erfolgen könne. Bisher seien in der Schweiz allerdings keine konkreten Beeinflussungsversuche fremder Mächte vor Abstimmungen festgestellt worden, ergänzte Bundesratssprecher André Simonazzi.
Mehrere im Bericht formulierten Ziele haben direkt oder indirekt mit der Corona-Krise zu tun. So soll die Schweiz die Versorgungssicherheit bei internationalen Krisen sowie die Zusammenarbeit zwischen Behörden und dem Krisenmanagement stärken. «Wir müssen immer mit Überraschungen rechnen, das hat uns diese Pandemie deutlich vor Augen geführt», so Amherd.
Zu jedem der neun Ziele führt der Bericht des Bundesrates konkrete Massnahmen auf, die es in den nächsten Jahren umzusetzen gilt. Künftig will der Bundesrat den Sicherheitspolitischen Bericht einmal pro Legislatur und damit in einer kürzeren Kadenz veröffentlichen. (SDA/dba)