Selbstbefriedigung, Oralsex & Co.
Berner Schulen sollen Sexualpraktiken thematisieren dürfen

Berner Lehrpersonen sollen sich im Sexualkundeunterricht nicht auf die biologischen Unterschiede und die Verhütung beschränken müssen. Auch die verschiedenen Sexualpraktiken sollen im Schulzimmer weiterhin zur Sprache kommen.
Publiziert: 14.03.2022 um 16:19 Uhr
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In Berner Schulen soll das Programm des Sexualkundeunterrichts ausgeweitet werden.
Foto: Keystone

In Berner Schulzimmern soll sich der Sexualkundeunterricht wandeln: Lehrpersonen sollen nebst den biologischen Unterschieden zwischen den Geschlechtern und der korrekten Verhütung auch unterschiedliche, sexuelle Praktiken thematisieren dürfen. Dieser Meinung ist die Mehrheit des bernischen Grossen Rates. Mit 137 zu 11 Stimmen lehnte das Kantonsparlament am Montag ein Postulat aus den Reihen der SVP ab, wonach «auf Anweisungen zu Sexualpraktiken verzichtet werden soll».

Die ehemalige Grossrätin Sabina Geissbühler-Strupler (SVP) hatte geltend gemacht, Elf- bis Zwölfjährige seien emotional und körperlich auf einem sehr unterschiedlichen Entwicklungsstand. Manche seien mit detaillierten Infos über unterschiedliche Sexualpraktiken überfordert. Die Schulen sollten im Unterricht Zurückhaltung walten lassen und sich aufs Nötigste beschränken. «Eltern sollen sicher sein, dass ihre Kinder in der Schule nicht mit Sachen konfrontiert werden, die sie irritieren», forderte Aliki Panayides (SVP) in der Debatte.

Sexualkunde soll ganzheitlich erfolgen

Die Mehrheit sah es anders. Zu Sexualaufklärung gehörten alle Aspekte der Sexualität, also auch Lust, Beziehung und Fortpflanzung. Jugendliche bräuchten Unterstützung, um geeignete Informationen zu finden und zum Beispiel Irritationen verarbeiten zu können, die durch pornografische Inhalte entstanden seien.

Die Sexualkunde müsse ganzheitlich erfolgen, sagte etwa Daniel Wildhaber (SP). Andere Grossräte wie Michael Ritter (GLP) erinnerten daran, wie einfach heute der Zugang zu sexuellen Darstellungen sei. Früher habe man bei Interesse noch die Zeitschriftenstapel bei der Altpapier-Sammlung der Schule durchwühlen müssen.

Sexualunterricht an den Schulen sei auch deshalb wichtig, weil sexuelle Übergriffe oft im familiären Umfeld erfolgten, erklärte Christine Grogg-Meyer (EVP). Selbst der Fraktion der Motionärin, die SVP, ging der Vorstoss zu weit. Nicht alle Eltern klärten ihre Kinder im nötigen Ausmass auf, sagte Franziska Fuss-Oehrli (SVP). Vor dem Rathaus hatten Juso-Mitglieder am Mittag gegen das Postulat protestiert. Informationen über Selbstbefriedigung, Oral- und Analsex, Geschlechtsverkehr und Sexualpraktiken lösten keine Traumata aus, hiess es auf einem Flyer. (SDA/chs)

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