Schwester Ariane (48) fällt auf. In einem Geschäftsgebäude in Dielsdorf ZH, zwischen polierten Neuwagen und elegant gekleideten Frauen, wirkt die Gassenarbeiterin im lockeren Pulli irgendwie fehl am Platz.
Doch sie ist genau richtig. Gestern Nachmittag zeichneten Start-up-Gründerinnen, Unternehmerinnen und Investorinnen im Rahmen des Female Innovation Forum die innovativsten Frauen im Land aus – und darüber hinaus. Einer der Preise, jener für soziale Innovation, geht an Schwester Ariane und Pfarrer Karl Wolf (66).
Solidarität ist entscheidend
«Wir möchten von ganzem Herzen Danke sagen. Dieser Award steht für alle meine Freunde auf der Gasse, in den Bordellen oder in der Gasse, die täglich um ihre Existenz ringen», sagt die Schwester, nachdem sie den Preis entgegengenommen hat. Gerade auch weil die beiden nicht so recht in die Menge der adrett gekleideten Frauen passen, freuen sich die Schwester und der Pfarrer über die Wertschätzung. «Wir können Brücken bauen, das Beste aus den verschiedenen Welten vereinen. Wenn wir zusammenarbeiten, entsteht etwas Wunderbares. Unsere Arbeit ist auf Solidarität angewiesen», sagt Pfarrer Karl Wolf.
Schwester Ariane fällt auch bei ihrer täglichen Arbeit auf. Gemeinsam mit Pfarrer Wolf gibt sie seit dem ersten Lockdown jeden Tag Essen an der Langstrasse aus. Zwischen dem schicken Hotel 25hours und den Bahngleisen verteilen sie Essenspakete und Hygieneartikel. Sie unterstützen die Menschen am Rand der Gesellschaft ausserdem mit Sprachkursen und Nähateliers, bereiten sie auf Bewerbungen vor, organisieren Impftermine oder haben einfach ein offenes Ohr.
Unterstützung benötigt
Die Auszeichnung für ihr soziales Engagement nutzt Schwester Ariane, um die Aufmerksamkeit auf diejenigen zu lenken, die auch jetzt noch unter der Krise leiden. Denn Lebensmittelpakete oder Freiwillige brauche der Verein noch immer. «Während des Lockdowns war die Krise offensichtlich. Aber die Not ist noch nicht vorbei. Alle wollen zurück zur Normalität. Die Normalität für die Menschen auf der Gasse bleibt die Not. Wir brauchen nach wie vor Lebensmittelpakete, die Kindern und Famlien im Milieu sehr helfen», sagt Karl Wolf.