Schweizer Löhne sind um über 7 Prozent gestiegen
Wir sind Helden der Arbeit

Die Schweiz ist im Hoch: Die Wirtschaft wächst, die Arbeitslosenzahlen gehen zurück, die Unternehmen müssen für Arbeitskräfte wieder tiefer in die Tasche greifen. So steigen unsere Löhne wieder.
Publiziert: 14.05.2018 um 23:44 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 15:21 Uhr
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Arbeiten lohnt sich in der Schweiz. Der Medianlohn lag im Jahr 2016 bei über 6500 Franken.
Foto: imago stock&people
Pascal Tischhauser

Plötzlich war alles anders: Mit der Aufhebung der Franken-Euro-Untergrenze von 1.20 Franken im Januar 2015 zwang die Nationalbank unsere Exportindustrie zum Sparen. Die Löhne kamen unter Druck, Personal wurde abgebaut. Die Konsumenten flohen vor der Hochpreisinsel Schweiz ins nun noch günstigere Ausland.

Das ist passé: Der Euro kostet wieder 1.20 Franken. In den Schweizer Absatzmärkten brummt die Konjunktur. Mit dem schwachen Franken sind unsere Produkte wieder wettbewerbsfähig. Die in der Frankenhochphase gestählte Industrie schreibt Gewinne, dank denen sie investieren und Personal rekrutieren kann.

Die Löhne steigen – vielerorts sind sie nur ein kleiner Teil der Kosten

Weil auch die Wirtschaft in der Euro-Zone gut läuft und die Firmen dort Leute einstellen, ist Personal in der Schweiz gesucht. Arbeitgeber müssen wieder mehr bieten. Geld zum Beispiel. Unsere schon hohen Löhne könnten noch weiter steigen. Dies auch, weil die Schweiz in Hightech- und Wachstumsbranchen wie der Pharma gut aufgestellt ist, wo die Gehälter weniger ins Gewicht fallen. 

Dass die Schweiz in Sachen Lohn ein Sonderfall ist, belegt die Konjunkturforschungsstelle KOF an der ETH Zürich: Während der Lohnanteil am Gesamteinkommen in den anderen Ländern seit 1980 auf 55 bis 60 Prozent gesunken ist, verharrte die Lohnquote bei uns bis 2012 bei 65 bis 70 Prozent.

Anders gesagt: Während in anderen Staaten die Einkommen aus Kapitalgewinnen wie Aktien einen immer grösseren Anteil ausmachen, bleibt bei uns die gleichmässigere Verteilung bestehen.

Weniger Einkaufstourismus, mehr Feriengäste

Ebenfalls erfreulich für den Standort Schweiz: Seit sich der Einkauf ennet der Grenze weniger lohnt, nimmt der Einkaufstourismus ab. Der Ferientourismus wiederum lebte lange von Übernachtungen durch Inländer. Nun können die Touristenregionen wieder auf europäische Gäste zählen. 

Da Hypotheken nach wie vor günstig sind und der Bürger fürs Geld kaum Zinsen bekommt, werden noch immer grosszügig Konten geleert, Eltern angepumpt und die Pensionskasse angezapft, um die notwendigen 20 Prozent Eigenkapital für den Hausbau zusammenzubekommen. Der Trend hält die Bauwirtschaft am Laufen.

So wenig Arbeitslose wie seit sechs Jahren nicht mehr

Die gute Konjunktur schlägt sich auch in der Arbeitslosenquote nieder. Sie ist im April von 2,9 auf 2,7 Prozent gesunken. Eine solch tiefe Quote verzeichneten wir zuletzt im Juli 2012. Insgesamt wurden 194'060 Stellensuchende registriert, 3,5 Prozent weniger als im März. Zu den Stellensuchenden werden Arbeitslose, aber auch Personen in Beschäftigungsprogrammen oder Weiterbildungen sowie im Zwischenverdienst gezählt.

Und das Gute daran: Die Leute kommen nicht nur temporär unter. Dass sich die Chancen auf eine Festanstellung mit dem Aufschwung deutlich erhöht haben, bestätigen die grössten Stellenvermittler der Schweiz. Adecco-Chef Alain Dehaze sagte zu Radio SRF, bei Festanstellungen gäbe es im ersten Quartal 2018 ein Wachstum von 20 Prozent gegenüber dem Startquartal 2017. Andere Stellenvermittler haben ähnliche Zahlen.

Die weiteren Aussichten sind gut. Für das Gesamtjahr 2018 prognostizieren Ökonomen der Konjunkturforschungsstelle BAK Economics ein kräftiges Wirtschaftswachstum für die Schweiz von 2,4 Prozent.

Tatsächlich aktuelle Lohnzahlen wären noch besser

Vor allem aber sind die verfügbaren Zahlen nicht immer auf dem aktuellen Stand. So auch die der «aktuellen» Lohnerhebung nicht. Sie basiert auf dem Jahr 2016. Die tatsächliche Entwicklung dürfte also noch etwas besser sein als die Zahlen zeigen.

Doch der Schweizer Medianlohn war schon 2016 mit 6502 Franken fast 500 Franken höher als 2008, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) gestern mitteilte. Medianlohn heisst, dass die eine Hälfte der Schweizer mehr, die andere weniger verdient als diese Summe. 

Tiefste Gehälter steigen prozentual am stärksten

Seit 2008 schloss sich auch die Lohnschere – also der Abstand zwischen den höchsten und den niedrigsten Löhnen – etwas. Im gleichen Zeitraum stiegen die Löhne der Bestbezahlten um 6,3 Prozent. In der Mittelschicht stiegen die Löhne leicht stärker, nämlich um 6,9 Prozent, während sich die tiefsten Einkommen um fast 10 Prozent erhöht haben.

Der stärkere Anstieg bei den tiefen Einkommen ist der Einführung von Mindestlöhnen geschuldet. Wenn die Arbeitgeber einen Tieflohn von 3900 auf 4000 Franken anheben, macht das prozentual mehr aus, als wenn ein 16'000-Franken-Gehalt um eine Hunderternote steigt.

Boni für Bosse

Es zeigt sich auch: Die Chefs müssen nicht darben. 2016 erhielt nahezu ein Drittel der Arbeitnehmenden einen Bonus. War der durchschnittliche Bonus-Betrag zwischen 2008 und 2014 noch von 11'698  auf 7939 Franken gesunken, stieg er im Jahr 2016 erstmalig wieder auf 9033 Franken an.

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