Rund drei Stunden. So lange galten die gleichen Corona-Regeln in der Schweiz. Um 15.15 Uhr verkündete der Bundesrat einen Mini-Lockdown: Ab Dienstag müssen die Restaurants für einen Monat schliessen. Ebenso Fitnesszentren, Museen und Kinos.
Die Läden dürfen offen bleiben, wie bisher bis 19 Uhr. Allein die Anzahl Kunden, die sich in einem Geschäft aufhalten, wurde reduziert. Am Sonntag aber muss alles zubleiben – auch Läden in Bahnhöfen und am Flughafen, Tankstellenshops und Kioske.
Bei der «Lex Gipfeli» herrschte Eintracht
Sogar für die Bäckereien, um die Verwirrung herrschte, gibt es eine Regelung: In der «Lex Gipfeli» wurde bestimmt, dass Bäckereien sonntags öffnen dürfen, sofern sie zwei Drittel ihres Umsatzes mit Backwaren erzielen. Angegliederte Tea Rooms aber dürfen keine Kunden empfangen.
Die Einigkeit in der Regierung war gross – Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (60, SP) betonte mehrmals, dass der Beschluss einstimmig gefällt worden sei. Tatsächlich haben laut BLICK-Informationen auch die beiden SVP-Bundesräte Ueli Maurer (70) und Guy Parmelin (61) mitgezogen.
Dem Aargau reichte das nicht
Um 18 Uhr wurde es wieder komplizierter: Der Kanton Aargau beschloss, dass die Beizen schon ab Montag dichtmachen müssen – und die Läden ebenfalls! Ausgenommen sind Lebensmittelläden, Kioske, Optiker und weitere Geschäfte des täglichen Bedarfs. Die Erfahrung aus anderen Kantonen zeige, «dass Schliessungen im Gastronomiebereich allein nicht ausreichen, um eine markante Reduktion der Infektionszahlen zu bewirken», so der Regierungsrat.
Tatsächlich zeigt auch Deutschland, dass die Beizen-Schliessungen so erfolgreich nicht sind: Vier Wochen lang versuchte es unser Nachbar und erreichte doch einen neuen Rekord an Infektionen. Daher rief er diese Woche einen harten Lockdown aus – ebenso wie Österreich, wo das Haus ab dem Stephanstag nur noch aus triftigen Gründen verlassen werden darf.
Zahlreiche Widersprüche
Von solch harten Massnahmen ist die Schweiz weit entfernt. Der Bundesrat hatte nur den Mut zu einem Lockdown light – oder zumindest nicht zur «gleichen Art von Lockdown wie im Frühling», wie Sommaruga sagte. An den Lockdown im Frühling erinnert vor allem die bundesrätliche Warnung «Bleiben Sie zu Hause!» Strengere Massnahmen stellt die Regierung aber in Aussicht, sollten sich die Ansteckungszahlen nicht wie gewünscht entwickeln.
Dennoch wird der Mahnfinger diesmal nicht ganz so streng erhoben. Denn gleichzeitig mit dem Appell, zu Hause zu bleiben, verzichtet der Bundesrat auf eine Schliessung der Skigebiete – und überlässt die Entscheidung den Kantonen, was ebenfalls zu einem Flickenteppich führt: Luzern, Nidwalden, Zug und Schwyz stellen den Betrieb ein, Bern und das Wallis lassen die Pisten offen, und auch Graubünden – und damit sind die drei grossen Wintersportkantone vollzählig – will nicht auf die Festtags-Gäste verzichten.
Ausnahmen für die Romandie bleiben
Die Gefahr ist gross, dass Wintersportler aus der Zentralschweiz ins Wallis oder ins Berner Oberland reisen. Wobei das Wallis zum Paradies werden dürfte: Denn dort können auch die Beizen öffnen – wie in allen Kantonen, in denen der Reproduktionswert unter 1 liegt, ein Corona-Infizierter also weniger als einen weiteren Menschen ansteckt. Das ist derzeit in der Romandie und in Obwalden so.
Man kann diese Ausnahme als Anreiz an die Kantone verstehen, die Neuinfektionen schnell zu senken. Doch es wird wohl vor allem Ausweichbewegungen geben. Der Bundesrat ist sich dessen bewusst. So sagte Sommaruga, man habe die «Ausweichbewegungen» der Bevölkerung in den vergangenen Wochen wohl etwas unterschätzt. Etwas dagegen unternehmen will er aber nicht.