Schutzmassnahme gegen Coronavirus
Krach um Armeeeinsatz am Flughafen

Geht es nach dem Bundesamt für Gesundheit, sollen Einreisende an Schweizer Flughäfen von Soldaten kontrolliert werden. Doch das Departement Berset zieht nun die Reissleine.
Publiziert: 16.02.2020 um 00:03 Uhr
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Aktualisiert: 17.02.2020 um 10:30 Uhr
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Temperaturmessung am Flughafen in Wien.
Foto: Getty Images
Simon Marti

Gestern starb der erste Mensch in Europa an einer Infektion durch das Coronavirus. Der 80-jährige Tourist aus China sei in einem Pariser Spital der Lungenkrankheit erlegen, teilte Frankreichs Gesundheits-ministerium mit. Die Zählung der Behörden ergab inzwischen weltweit über 1500 Todesfälle.

Jene fünf Schweizer, die sich in Südfrankreich in Quarantäne befinden, dürfen wohl am heutigen Sonntag in ihre Heimat ­reisen.

Während das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Freitag die Öffentlichkeit betont geschäftsmässig über den Verlauf der Epidemie informierte, schuf es hinter den Kulissen die Bedingungen für einen Einsatz der Armee.

Medizinischen Screenings bei Einreise

Am Donnerstag baten die BAG-Beamten kurzfristig die anderen Departemente um eine Stellungnahme. Das Schreiben liegt SonntagsBlick vor. Darin heisst es: «Der Ausbruch des neuartigen Coronavirus (Covid-19) in China stellt aufgrund seiner Grösse und seiner Dynamik eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit auch in der Schweiz dar.» Eine der Massnahmen, «mit der die Verbreitung von übertragbaren Krankheiten verlangsamt werden soll», sei die Durchführung eines medizinischen Screenings bei Einreisenden aus betroffenen Regionen. «Da das BAG und die Flughäfen Genf und Zürich jedoch nicht in der Lage sind, das Screening allein umzusetzen, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen dem BAG und der Schweizer Armee vorgesehen.» Unterzeichnet ist das Schreiben von BAG-Direktor Pascal Strupler.

Dafür, dass die Armee Flugreisende untersuchen darf, braucht es einen Beschluss des Bundesrats. In einem Antragsentwurf von Innenminister Alain Berset (47, SP) für die nächste Sitzung heisst es, der Bundesrat beauftrage die Armee, die Durchführung der medizinischen Überprüfung an den Flughäfen «mit personellen Mitteln» zu unterstützen.

Keine Entwarnung, im Gegenteil!

Das Innendepartement, zu dem das BAG gehört, soll ermächtigt werden, die Auslösung des Einsatzes «jederzeit vorzunehmen». In Bersets Antrag steht auch, die «rasche Evolution der epidemiologischen Situation» deute darauf hin, «dass von ­einer längeren sich potenziell akztentuierenden Gefährdungslage auszugehen ist». Auf Deutsch: keine Entwarnung, im Gegenteil! Ab wann und für wie lange in den Terminals der Ernstfall gelte, sei nicht vorherzusagen. Ungewöhnlich kurz war die Frist, innert der die anderen Departemente Stellung nehmen sollten: Sie lief bis Freitagabend, 18 Uhr. Laut gut informierten Quellen wurde die Konsultation jedoch gestoppt. Wahrscheinlich hatten Bundesrat Berset oder Leute aus seinem näheren Umfeld die Reiss­leine gezogen. Sollte BAG-Chef Strupler tatsächlich versucht ­haben, von sich aus einen Grundsatzentscheid der Landesregierung herbeizuführen, stellt sich die Frage, wie ausgerechnet in einem derart sensiblen Dossier die Koordination aus dem Ruder laufen kann. Zu den Hintergründen machte das Innendepartement keine Angaben.

Dass ein Einsatz der Armee frühzeitig vorbereitet wird, leuchtet jedoch ein. «Ich finde es beruhigend, dass der Bund Notfall­pläne parat hat», sagt SP-Nationalrat und Hausarzt Angelo ­Barrile (43, ZH). «Ein solcher ­Einsatz kann nicht überhastet entschieden werden, sondern setzt eine seriöse Vorbereitung voraus.»

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