Das scharfe S aus dem Hochdeutschen hat ihn verraten. «Genießen Sie dieses Wochenende in vollen Zügen und nutzen Sie die Zeit, um sich zu erholen und aufzutanken», schrieb SVP-Nationalrat Lukas Reimann (41) seinen Anhängern vergangenen Freitagnachmittag auf X. Um runterzukommen und Energie zu schöpfen, schlägt der St. Galler einen Spaziergang «in unserer schönen Schweizer Natur» vor.
Im Netz sorgt die Nachricht für Hohn und Spott – nicht primär wegen ihres Inhalts. Nur allzu offensichtlich ist es, dass nicht Reimann selbst den kurzen Text verfasst hat, sondern sich Hilfe geholt hat: bei der künstlichen Intelligenz (KI). «Peinlich», finden X-User, «unschweizerisch», urteilen andere wegen der deutschen Rechtschreibung.
Reimann findets nicht verwerflich
Auf Nachfrage streitet Reimann nicht ab, dass die Nachricht der KI-basierte Chatbot Chat GPT formuliert hat. Warum das peinlich oder verwerflich sein sollte, kann er allerdings nicht nachvollziehen. In einer Nachricht auf X zeigt er sich überrascht über die «Diffamierungsversuche».
«Diese Technologien werden Teil der gesellschaftlichen Zukunft sein, und die Politik muss sie jetzt näher anschauen», sagt er zu Blick. Als Politiker sei es wichtig, dass man auf dem neusten Stand bleibe, darum probiere er neue Tools wie Chat GPT aus. Ausserdem, sagt Reimann, schreibe er sowieso nicht alle seine Posts auf den Social-Media-Plattformen selbst, sondern habe ein Team, das in seinem Namen Nachrichten veröffentlicht. Ob Mensch oder Chat GPT, spielt für ihn keine Rolle. Wobei er betont, dass das natürlich nicht für politische Inhalte gelte. «Alle meine Standpunkte, die ich in meinen Auftritten vertrete, sind konsistent und von mir verfasst. Das letzte Wort muss beim Menschen und der Demokratie liegen.»
Für Transparenz – aber nicht jetzt
Darum sei ihm auch Transparenz wichtig. Während sich Reimann für eine Transparenzpflicht bei von künstlicher Intelligenz generierten Inhalten ausspricht, hat er selbst vorerst nicht vor, die Posts zu deklarieren, die von Chat GPT formuliert wurden. «Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich auf solche Mittel zurückgreife», sagt er. Das ist für ihn aktuell Transparenz genug. Unter jeden von KI generierten Post einen Hinweis zu posten – das ist er nur bereit zu tun, sollte das einst per Gesetz zur Pflicht werden.
Dass es zwar für viele, aber längst nicht für alle User klar ist, dass den Post nicht Reimann selbst, sondern eine künstliche Intelligenz formuliert hat, zeigen andere Reaktionen. «Wohltuende Worte», schreibt jemand. Und ergänzt, positiv überrascht: «so gar nicht SVP-typisch».