Russische Funktionäre im IOK
Amherd sind die Hände gebunden

Das Olympische Komitee weigert sich beharrlich, russische Sportfunktionäre auszuschliessen. Nun mehren sich die Stimmen, dass die Schweiz direkt Druck aufsetzen soll. Das aber wäre gar nicht so einfach.
Publiziert: 21.04.2022 um 07:18 Uhr
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Aktualisiert: 22.04.2022 um 12:17 Uhr
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Während russische Athleten ausgeschlossen werden, dürfen Funktionäre weiter walten. Zum Beispiel die ehemalige Stabhochspringernin Jelena Isinbajewa, die Mitglied des Olympischen Komitees ist.
Foto: Sergei Karpukhin/TASS
Gianna Blum und Daniel Ballmer

So schnell wirft Sportministerin Viola Amherd (59) die Flinte nicht ins Korn. Unmissverständlich hält sie an ihrer Forderung ans Internationale Olympische Komitee (IOK) fest. Nicht nur russische und belarussische Athletinnen und Athleten sollen wegen des Ukraine-Kriegs von Wettkämpfen ausgeschlossen werden. Das Gleiche soll für die Funktionäre in internationalen Sportverbänden gelten.

Amherd hat IOK-Präsident Thomas Bach (68) dazu einen geharnischten Brief geschickt. Der aber will davon nichts wissen. Dabei ist Amherd mit ihrer Forderung bei weitem nicht allein. Unterstützt wird sie etwa von Swiss Olympic. «Nach unserer Einschätzung sind viele Funktionäre enger mit dem Regime verbunden als die Sportler», heisst es vom Verband.

Imageschaden für die Schweiz?

Auch aus der Politik steigt der Druck aufs IOK. «Die Schweiz hat als Standort eine Reputation zu verlieren», sagt etwa Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (58). Sie solle den Druck weiter erhöhen, ergänzt GLP-Aussenpolitiker Roland Fischer (57). «Nachdem Viola Amherd die Forderung platziert hat, wäre es wichtig, dass der Bundesrat weitere Schritte prüft», sagt er. «Die Schweiz würde unglaubwürdig, wenn sie das einfach durchgehen liesse.»

Am einfachsten wäre, wenn die EU die vier russischen IOK-Funktionäre auf ihre Sanktionsliste setzen würde, so Fischer. Dann könnte die Schweiz diese übernehmen. Eine längerfristige Möglichkeit wäre es, die Steuerbefreiung der Organisationen nochmals zu überprüfen. Fischer würde es begrüssen, wenn diese an Bedingungen geknüpft würde: «Der Bundesrat aber hat sich hier bisher eher zurückhaltend gezeigt. Nach dem Verhalten des IOK kommt es aber vielleicht zum Umdenken.»

Interne Angelegenheiten des IOK

Ganz anders sieht das Roland Rino Büchel (56). «Die Schweiz macht sich unglaubwürdig», findet der SVP-Nationalrat. Es sei Sache des IOK, seine Mitglieder zu wählen – oder eben auszuschliessen. «Wenn Amherd schon böse Briefe schreibt, sollte sie auch etwas in der Hand haben, um den Worten Taten folgen zu lassen.»

Das aber habe sie nicht. Die Schweiz könne dem IOK nichts befehlen, so Büchel. Ohnehin halte er wenig vom Ausschluss russischer Staatsangehöriger, ob nun Funktionäre oder Athleten: Schliesslich könnten sie nichts für das Verhalten ihres Staates.

Olympische Privilegien

So einfach Sanktionen verhängen kann die Schweiz tatsächlich nicht. «Die Möglichkeiten der Schweiz, Druck aufzusetzen, sind sehr limitiert», sagt Experte Jean-Loup Chappelet (68), emeritierter Professor der Universität Lausanne. Das IOK mit Sitz in Lausanne VD geniesst zwar so einige Privilegien. So ist es von der direkten Bundessteuer befreit, und das eigene Personal ist von der Ausländerkontingentierung ausgeschlossen. Diese Vorteile sind aber in einem Abkommen geregelt, das seit über 20 Jahren in Kraft ist, wie Chappelet betont.

Laut Abkommenstext kann dieses zwar durchaus geändert werden, nur bräuchte es dazu auch das Einverständnis des IOK. Die Alternative wäre, das Abkommen gleich ganz zu kündigen – und damit einen Wegzug des Komitees zu riskieren. Allem Ärger über vier russische Funktionäre zum Trotz: Dass Sportministerin Amherd so weit geht, ist schwer vorstellbar.

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