Laut Schweizer Kriegsmaterialgesetz bedarf es für den Export oder die Vermittlung von Waffen einer Genehmigung. Im Fall von Saudi-Arabien werden aber grundsätzlich keine Genehmigungen erteilt.
Dennoch habe eine Tochterfirma der Ruag International geholfen, 2500 Pistolen eines kroatischen Herstellers an Saudi-Arabien zu vermitteln, berichtete der «Tages-Anzeiger» am Montag.
Helfen sollte die Ruag Ammotec Ungarn, die mittlerweile nicht mehr dem Bund gehört. Sie sollte beim Finden und Kontaktieren eines Abnehmers sowie anschliessend beim Aushandeln des Preises und der Organisation des Transports behilflich sein. Ebenfalls beisteuern sollte sie regulatorisches und technisches Wissen. Und sie sollte die notwendigen Lizenzen einholen. Dies geht aus einer Vereinbarung hervor, die dem Tamedia-Recherchedesk vorliegt.
Gleich dreifach falsch
Nicht nur das Schweizer Kriegsmaterialgesetz sollte dem im Weg stehen. Der Verhaltenskodex der Ruag selbst hält fest, dass die Grundsätze der Schweizerischen Aussenpolitik den Rahmen für Kriegsmaterial Exporte sein sollen.
Hinzu kommt, dass die Ruag dem Bund gehört. Wie für die Post oder die SBB gibt der Bundesrat deshalb regelmässig auch dem Rüstungskonzern strategische Ziele vor. Aus diesen ergibt sich, dass alle Ruag-Unternehmen, also auch Tochterfirmen, «im Einklang mit den Grundsätzen der schweizerischen Aussenpolitik tätig sind sowie die schweizerische Exportkontrollgesetzgebung befolgen».
Konzernleitung intervenierte
Mit der verbotenen Vereinbarung konfrontiert, erklärte ein Konzernsprecher der Ruag der Zeitung, dass der Vertrag nicht ausgeführt, sondern aufgelöst wurde. Die Geschäftsführung habe das Projekt untersagt, als sie davon erfuhr.
Auch die kroatische Herstellerfirma beteuert, dass die Ruag Ammotec kein Vermittler gewesen sei. Das Projekt sei direkt mit dem Abnehmer verwirklicht worden.
Kontakt schon hergestellt
Also kein Problem? Nein. Denn die Vermittlung war bereits im Gange, als die Konzernleitung der Ruag eingriff. Eine Offerte über 5000 Pistolen wurde angeboten. Die Menge wurde halbiert, aber der Deal kam offenbar zustande, wie aus einem Zertifikat des saudischen Innenministeriums hervorgeht.
Darin wird die Ruag Ammotec Ungarn explizit als Vermittlerin aufgeführt. Das Zertifikat gibt aber noch weitere Details preis: Die Pistolen, die vom Hersteller als Dienstwaffe angepriesen werden, sollten angeblich an einer Ausstellung für «Falknerei und Jagd« an Zivilisten verkauft werden. Jagdwaffen sind sie aber eindeutig nicht.
Einzig Provision ging verloren
Auch auf dem Kaufvertrag wird die ungarische Ruag Tochter als Vermittlerin angeführt. 850'000 Euro kosten die Pistolen. Laut dem Tamedia-Recherchedesk hätte der Vermittlerin für den Deal eine Provision von 250'000 Euro gewunken.
Die Ruag International betont, dass der Vertrag aufgelöst wurde. Die internen Kontrollen hätten gegriffen. Was wohl stimmt. Jedoch passierte dies erst nach zwei Monaten. Man wünsche sich nachträglich, die Tochterfirma in Ungarn hätte umsichtiger gehandelt und man hätte nicht eingreifen müssen, so ein Sprecher.
Aber eben: Die Pistolen sind mittlerweile in Saudi-Arabien. Auf einer Website finden sich diese neben dem Logo der kroatischen Herstellerin und des saudischen Abnehmers. Es fehlt jedoch das Ruag-Logo. Scheinbar verzichtete man auf die Provision. In wie weit die Vermittlung durch die Ruag-Tochter aber stattgefunden hat, ist unklar.
Die Eigentümerin, also den Bund, zu informieren, hielt die Ruag nicht für nötig. Und das zuständige Verteidigungsdepartement (VBS) scheint sich denn auch kaum für den Fall zu interessieren: «Aus Sicht des VBS stellt sich der Sachverhalt so dar, dass Mitarbeiter eines Auslandsstandorts eine unangebrachte Eigeninitiative entwickelten», so eine Departementssprecherin. Die Ruag-Kontrollmechanismen hätten gegriffen, «bevor Waffen geliefert wurden oder die Ruag eine Zahlung für eine Vermittlertätigkeit erhalten hat». Die Untersuchung sei abgeschlossen, so das VBS. (tom)