Darum gehts
- Markus Ritter spricht über seine Niederlage bei der Bundesratswahl
- Ritter zeigt sich trotz Enttäuschung unterstützend gegenüber Pfister
- Er erklärt, warum er unterlag – und warum er gestärkt aus der Niederlage hervorgeht
Er redet locker, er lacht. Als Blick Markus Ritter (57) trifft, ist es genau eine Woche her, seit der Mitte-Mann die Bundesratswahl gegen Martin Pfister (61) verlor. Ritter, in Bern oft als Meisterstratege gefeiert, scheint sich von der bisher grössten Niederlage seiner Karriere nicht aufhalten zu lassen. Sofort stimmt er einem Gespräch über seine Kandidatur zu. Mit Blick setzt er sich auf eines der grün gepolsterten Sofas in der Wandelhalle. Enttäuschung? Wut? Sollte er dies spüren, kann er es gut verdecken. Ritter ist gut gelaunt.
Es war am Tag der Bundesratswahl rasch klar, dass wohl Martin Pfister das Rennen macht. Wie erlebten Sie diesen Moment?
Markus Ritter: Ich war sehr angespannt. Ich wusste, dass es knapp werden würde. Vor allem war am Mittwochmorgen noch sehr viel in Bewegung. Es gab letzte Gespräche, deren Ausgang ich nicht kannte. Als ich das Resultat des ersten Wahlganges hörte, war für mich klar: Das Rennen ist entschieden.
Wie reagierten Sie?
Es bleibt einem nichts anderes übrig, als das Resultat zur Kenntnis zu nehmen. Ich habe mir von Anfang an gesagt: Du musst im Kopf haben, dass du auf eine Weiche zufährst. Es kann in die eine oder in die andere Richtung gehen, und man muss mit beiden Seiten gut leben können.
Hatten Sie nicht mehr Emotionen?
Es war sicher Enttäuschung da. Ich wäre gerne Bundesrat geworden und hätte sehr gerne im Verteidigungsdepartement (VBS) angepackt. Das VBS ist aber auch eine Herkulesaufgabe, bei der man jetzt über Jahre unglaublich viel Lebensenergie investieren muss. Insofern war es auch eine Erleichterung. Erleichternd ist für mich zudem: Ich traue Martin Pfister zu, dass er der starke Chef wird, den das VBS jetzt braucht. Ich werde ihn unterstützen, wo ich kann.
Auf der kleinen Bank in der Wandelhalle sagt Ritter über Ritter: «Ich versuche immer, alles im Leben zu perfektionieren.» Der St. Galler ist ein Vollblutpolitiker, der genau ausrechnet, wie er zum Ziel kommt. «Politik ist wie Schach spielen. Da musst du nicht einen Zug, sondern zwei, drei, vier, fünf Züge vorausstudieren.» In der Regel gelingt ihm dies: Er gilt als gewiefter Taktiker, der für seine Bauern viel herausgeholt hat. Warum lief es für den Perfektionisten Ritter ausgerechnet in eigener Sache nicht rund?
Auf der kleinen Bank in der Wandelhalle sagt Ritter über Ritter: «Ich versuche immer, alles im Leben zu perfektionieren.» Der St. Galler ist ein Vollblutpolitiker, der genau ausrechnet, wie er zum Ziel kommt. «Politik ist wie Schach spielen. Da musst du nicht einen Zug, sondern zwei, drei, vier, fünf Züge vorausstudieren.» In der Regel gelingt ihm dies: Er gilt als gewiefter Taktiker, der für seine Bauern viel herausgeholt hat. Warum lief es für den Perfektionisten Ritter ausgerechnet in eigener Sache nicht rund?
Warum sind Sie nicht gewählt worden?
Die Hearings sind sehr gut gelaufen. Ich kenne ja die Dossiers, habe geschaut, wo es Kompromisse gäbe. Aber letztlich gibt es nur einen entscheidenden Faktor: Die Partei- und Fraktionsspitzen überlegen sich, mit welcher Persönlichkeit sich die Kräfteverhältnisse wie verschieben – im Bundesrat oder in der Bundesversammlung. Sie schauen, ob ein Departement stärker oder schwächer wird. Und immer steht im Zentrum: Was nützt uns das?
Waren Sie dem oft kritisierten FDP-SVP-Machtblock im Bundesrat zu nahe?
Nein. Es war wirklich in jeder Fraktion die Frage: Welche Person nützt mir mehr, welche weniger? Das kann ich sagen. Aber für die genauen Gründe müssen Sie die Fraktionschefs fragen.
Sie haben ein, zwei Aussagen gemacht in Ihrem Wahlkampf, die für Aufsehen gesorgt haben, etwa über Frauen an der VBS-Spitze oder den Arbeitswillen von Städtern. Hat Ihnen das geschadet?
Zu diesen Aussagen gab es in den Medien eine Diskussion, aber hier im Bundeshaus nicht. Hier haben die Spitzen der Parteien und Fraktionen ihre strategischen Überlegungen gemacht. Von dort gingen dann die Entscheide nach unten. So läuft das Spiel.
Was würden Sie anders machen?
Ich betreibe immer aufwendige Analysen, um zu wissen, ob man Dinge hätte besser machen können. Bei dieser Bundesratswahl kam ich zum Ergebnis: Ich hätte nichts anders machen können, das etwas am Ergebnis verändert hätte.
Ritter hat Vollgas gegeben. Er hat über sein Privatleben erzählt und bereut es nicht: «Für die Bevölkerung sollte fassbar sein, was für ein Mensch sich hier bewirbt.» Er hat sich «brutal reingekniet» in Dossiers, die er vorher nicht kannte. Denn er hätte ab Tag eins auf Augenhöhe im VBS mitreden wollen. «Sonst kannst du nicht mitgestalten und bist einfach nur einer, der an Sitzungen kommt.»
Nach der Niederlage ging es mit Vollgas weiter; er habe keine Pause gehabt, sagt Ritter. Er arbeitete auf, was er verpasst hatte. Anderthalb Tage nahm er sich Zeit, um 300 Schreiben von Bürgerinnen und Bürgern zu beantworten.
Wie geht das, dass einer so funktioniert wie eine Maschine? Immer weitermacht, als ob nichts wäre? Es wird schnell klar: Ritter ist einer, der gerne führt und gestaltet. Jetzt wird er dies weiter beim Bauernverband und im Parlament tun. Noch bis 2028, dann soll Schluss sein, wie er noch am Wahltag sagte.
Ritter hat Vollgas gegeben. Er hat über sein Privatleben erzählt und bereut es nicht: «Für die Bevölkerung sollte fassbar sein, was für ein Mensch sich hier bewirbt.» Er hat sich «brutal reingekniet» in Dossiers, die er vorher nicht kannte. Denn er hätte ab Tag eins auf Augenhöhe im VBS mitreden wollen. «Sonst kannst du nicht mitgestalten und bist einfach nur einer, der an Sitzungen kommt.»
Nach der Niederlage ging es mit Vollgas weiter; er habe keine Pause gehabt, sagt Ritter. Er arbeitete auf, was er verpasst hatte. Anderthalb Tage nahm er sich Zeit, um 300 Schreiben von Bürgerinnen und Bürgern zu beantworten.
Wie geht das, dass einer so funktioniert wie eine Maschine? Immer weitermacht, als ob nichts wäre? Es wird schnell klar: Ritter ist einer, der gerne führt und gestaltet. Jetzt wird er dies weiter beim Bauernverband und im Parlament tun. Noch bis 2028, dann soll Schluss sein, wie er noch am Wahltag sagte.
Gleich nach der Nichtwahl gaben Sie bekannt, im November 2028 das Bauernverbandspräsidium abzugeben und auch aus dem Nationalrat zurückzutreten, wenn die Agrarpolitik 2030 fertig beraten ist. Das ist eine sehr frühe Bekanntgabe des Abschieds. Jeder PR-Berater würde Ihnen wohl davon abraten, weil Sie zur lahmen Ente werden könnten.
Da würde ich jedem PR-Berater antworten: Zur lahmen Ente wird nur, wer vorher keine PS auf den Boden gebracht hat. Wenn jemand nur Kraft seines Amtes Autorität hat, muss er sich überlegen, wie früh er seinen Abschied ankündigt. Das ist ein Zeichen der Schwäche. Wenn ich führe, will ich, dass die Leute sehen: Der kann das, der versteht viel von der Sache. Das heisst, du musst die Leistung tagtäglich bringen. Für mich war wichtig: Mit der frühen Ankündigung können sich Interessentinnen und Interessenten gut vorbereiten.
Welche Lehren haben Sie aus der Kandidatur gezogen?
Mir persönlich hat es sehr viel gebracht, ich gehe gestärkt aus der Kandidatur heraus und ebenso die Landwirtschaft. Ich war vorher schon bekannt, aber jetzt kennt mich jeder – und weiss, dass ich thematisch nicht nur Landwirtschaftspolitik kann. Das ist eine ganz andere Flughöhe, die ich jetzt habe. Und allein schon, dass ich hier zur Wahl stand, war eine grosse Auszeichnung und eine Ehre.