Sie liessen es sich gutgehen. Mehrere amtierende und ehemalige Regierungsräte reisten alle zwei Jahre ins europäische Ausland, bezahlt von der Schweizer Salinen AG. Fünf-Sterne-Hotel und Ausflüge inklusive. Natürlich rein zu Bildungszwecken!
Die Schweizer Salinen AG gehört den Kantonen und dem Fürstentum Liechtenstein. Sie haben in unserem Land das Salzmonopol inne. Unser Streusalz kommt beispielsweise von den Salinen und auch das Speisesalz stammt entweder von ihr – oder zumindest wurde dessen Import von der Monopolfirma bewilligt.
Aus der Zeit gefallen
Man merkt es rasch: Die Firma ist ein Anachronismus, der ihren Eignern, den Kantonen, aber viel Geld einbringt. Deshalb wehren sie sich entgegen der Empfehlung des Bundesrats gegen die Auflösung des Unternehmens. Einzig einer Modernisierung verschliesst man sich wohl nicht länger: So soll der Verwaltungsrat neu höchstens noch neun Mitglieder umfassen und nicht länger 27. Neu sollen auch die Kantone und Liechtenstein auch nicht mehr Regierungsvertreter in den Verwaltungsrat entsenden.
Wie der «Tages-Anzeiger» aufgedeckt hat, finden die luxuriösen Reisen alle zwei Jahre statt. Sie dauern vier Tage. Im Jahr 2016 ging es zuerst nach Ibiza und später nach Barcelona. 2018 reisten die Regierungsratsmitglieder erst ins österreichische Salzburg und dann weiter nach Berchtesgaden und Bad Reichenhall in Deutschland. 2020 wurde die Reise wegen Corona auf 2021 verschoben: Sie führte laut dem Artikel in die Camargue in Südfrankreich.
Simon, Dieht und Mächler
15 amtierende oder ehemalige Regierungsräte waren dabei. Unter den Anwesenden waren die Bernerin Beatrice Simon (61, Mitte) und der Aargauer Markus Dieth (55, Mitte), aber auch der St. Galler Marc Mächler (52, FDP) und die Schaffhauserin Rosmarie Widmer Gysel (65, SVP).
Vom 16. September 2021 logierten sie drei Nächte in Arles im Fünf-Stern-Hotel L'Arlatan. Von hier aus startete die Reisegruppe Ausflüge in die Camargue – inklusive eines Helikopterflugs über die Meersalzsaline bei Aigues-Mortes mit der berühmten Stadtmauer. Bekannt ist die Region auch für seine Wildpferde, Flamingos und den Sandstrand von L'Espiguette.
Bloss Weiterbildung
Was die Salinen für die Reisen ausgeben, sagen sie nicht, aber dass sie im Schnitt pro Jahr gut 78'000 Franken in die Aus- und Weiterbildung ihrer Verwaltungsräte investieren. Da die «Studienreisen» alle zwei Jahre stattfinden und der Ausbildungsaufwand in den Zwischenjahren gering ist, dürfte jede Verwaltungsratsreise mehr als 100'000 Franken kosten – Geld, das nicht an die Kantone ausgeschüttet werden kann und somit dem Steuerzahler fehlt.
Der Geschäftsführer der Salinen, Urs Hofmeier, verteidigt die Luxusreisen als «Studienreisen». Es gehe um die Aus- und Weiterbildung der Verwaltungsräte. Ausbildungsthema waren aber kaum tiefe Kosten für die Verbraucher und die Gemeinden, die laut der Eidgenössischen Finanzkontrolle wegen des Monopols fürs Streusalz nämlich zwei- bis viermal so viel zahlen müssen wie im Ausland.
Würth hält Reisli für «vertretbar»
Mit dabei beim Reisli nach Frankreich waren 2021 auch die beiden heutigen Mitte-Ständeräte Benedikt Würth (SG) und Charles Juillard (JU). Die Ehemaligen würden nach ihrem Austritt noch einmal zu einer Reise eingeladen – «traditionsgemäss», erklärt Salinen-Chef Hofmeier dem «Tages-Anzeiger».
Würth, der seit drei Jahren für St. Gallen im Ständerat sitzt und erst Ende Mai 2020 aus dem Regierungsrat ausgeschieden ist, sagte auf Blick-Anfrage zu seiner Teilnahme am Luxusreisli: «Die Studienreisen der Schweizer Salinen bewegen sich im für Verwaltungsratsmandate üblichen Rahmen. Andere Werke mit alternativen Technologien zur Salzgewinnung liegen nun mal im Ausland.» Man könne aber diskutieren, ob es sinnvoll ist, dass ausgeschiedene Verwaltungsräte zur Verabschiedung noch mitfahren oder nicht. «Meiner Ansicht nach ist das aber vertretbar», so der einstige Stadtpräsident von Rapperswil-Jona SG.
Ambitionen versalzen
Direkte Folgen dürften die Reisli auf Kosten anderer für die amtierenden und ehemaligen Regierungsmitglieder kaum haben. Brächte sich aber beispielsweise Benedikt Würth dereinst als Kandidat für den Bundesrat ins Spiel, könnte ihm die «Studienreise» seine Ambitionen im wahrsten Sinne des Wortes versalzen. (pt)