Reiche Ernte für Weinbauern
Dank Parmelin steigen die Subventionen

Wirtschaftsminister Guy Parmelin hat ein übergrosses Herz für Bauern, findet die liberale Denkfabrik Avenir Suisse. Insbesondere seine Ex-Kollegen profitierten vom Weinbauern im Bundesrat.
Publiziert: 02.01.2020 um 23:16 Uhr
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Aktualisiert: 03.01.2020 um 11:40 Uhr
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Seit einem Jahr sitzt Guy Parmelin an den Schalthebeln des Wirtschaftsdepartements. Das Herz des ehemaligen Weinbauern schlägt immer noch besonders stark für die Landwirtschaft.
Foto: Monika Flueckiger
Sermîn Faki

Seit einem Jahr sitzt Guy Parmelin (60) an den Schalthebeln des Wirtschaftsdepartements (WBF). Während sich die Exportwirtschaft vom SVP-Bundesrat mehr Effort – etwa bei Freihandelsabkommen – wünscht, sind die Bauern, für die Parmelin ebenfalls verantwortlich ist, zufrieden.

Kein Wunder, hat der SVP-Bundesrat und ehemalige Weinbauer doch schon mehrfach bewiesen, dass sein Herz immer noch besonders stark für die Landwirtschaft schlägt. Etwa, als er kurz nach seiner Wahl in den Bundesrat dafür weibelte, dass bäuerliche Landbesitzer steuerlich bevorteilt werden. Oder erst kürzlich, als er in der Pestizid-Affäre die kritische Wissenschaft beeinflussen wollte.

«Mittel an den Weinbau signifikant erhöht»

Die Bauern profitieren vom Wirtschaftsminister Parmelin. Ganz besonders die Weinbauern, wie aus einer Studie der liberalen Denkfabrik Avenir Suisse hervorgeht, die BLICK exklusiv vorliegt. Darin schreiben die Studienautoren von einem «Parmelin-Effekt», der sich seit seinem Amtsantritt feststellen liesse.

«Seit der ausgebildete Winzer 2015 in den Bundesrat gewählt wurde, haben sich die Mittel, die den Weinbauern zufliessen, signifikant erhöht», heisst es. So sei die Absatzförderung um 13 Prozent auf 3,2 Millionen Franken gestiegen. Die Förderung des Weinbaus habe gar um 23 Prozent zugenommen und liege jetzt bei einer Summe von einer Million Franken.

Bund zahlt 50 Prozent an Weinwerbung

Doch das reicht offenbar immer noch nicht: Weil die Keller der Schweizer Weinbauern übervoll sind, soll jetzt eine zusätzliche nationale Werbekampagne helfen, den lahmenden Absatz des einheimischen Rebensafts anzukurbeln. 50 Prozent der Weinoffensive wird der Bund bezahlen – also der Steuerzahler. Das hat Parmelin den Winzern Ende November versprochen.

Wie viel Geld das kosten wird, kann noch nicht gesagt werden. Eine erste Tranche von 70'000 Franken ist gemäss WBF Ende 2019 ausbezahlt worden.

«Parmelin-Effekt»? Das Departement weist den Vorwurf zurück – längst nicht allen Forderungen der Weinbauern würde politisch nachgegeben. Tatsächlich sperrte sich Parmelin gegen den Vorschlag, die erlaubte Importmenge für ausländischen Wein zu reduzieren.

Die Landwirtschaft wird immer teurer

Kommt hinzu: Neu ist die grosse Liebe der Politik zur Landwirtschaft nicht. BLICK listete schon im Herbst 2018 auf, wie der Staat die Bauern mästet. Neben Direktzahlungen, die jährlich etwa 2,8 Milliarden Franken in die bäuerlichen Kassen spülen, profitiert die Landwirtschaft von allerlei Zuschüssen, Beihilfen und Vergünstigungen. Nicht nur die rund 50'000 Landwirtschaftsbetriebe selbst, sondern auch unzählige Agrarfunktionäre, Zulieferer, Verarbeiter und der Handel.

So subventioniert der Bund nicht nur Werbung für Wein, sondern auch für Schweizer Fleisch, Schweizer Pilze, Schweizer Zierpflanzen und sogar für Schweizer Muni-Sperma.

Und all das wird immer teurer, wie die neusten Zahlen von Avenir Suisse zeigen: 2018 kostete uns die Landwirtschaft insgesamt 20,7 Milliarden Franken. 2016 lag die Summe bei 19,9 Milliarden, vier Prozent tiefer.

«Das Mass ist übervoll»

Bricht man das auf die einzelnen Einheiten herunter, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus: Jeder einzelne in der Landwirtschaft Beschäftigte kostet demnach pro Jahr 200'000, jeder Bauernhof 400'000 Franken. Pro Stunde gibt die Schweiz 1,9 Millionen Franken zugunsten der Bauern aus. Für jeden einzelnen Haushalt entstehen so «Zusatzkosten» von 2300 Franken.

Es reicht, findet darum Avenir-Suisse-Chef Peter Grünenfelder (52): «Das Mass der bäuerlichen Privilegienwirtschaft ist übervoll. Opfer sind die Steuerzahlenden, Konsumenten und vor allem auch die Umwelt. Das Nachsehen hat die Exportwirtschaft.»

Das zeigt: Der Druck der Wirtschaft auf Parmelin wird grösser. Im neuen Jahr wird er Nägel mit Köpfen machen müssen. Nicht nur beim Freihandelsabkommen, sondern auch bei der nächsten Agrarreform, die für Februar erwartet wird.

Pestizide treiben Kosten in die Höhe

Heute lädt der Schweizer Bauernverband zu seiner traditionellen Jahresmedienkonferenz. Auf einem Schweinezuchtbetrieb in Worb BE wird Bauernpräsident Markus Ritter (52) den Kampf gegen die beiden Pestizid-Initiativen lancieren, die im Herbst an die Urne kommen. Beide würden die Schweizer Landwirtschaft geradezu «auf den Kopf stellen», warnt der Verband bereits in der Einladung.

Viele Trinkwasserfassungen müssen saniert werden

Das kann man auch anders sehen: Dafür, dass die Landwirtschaft uns neu 20,7 statt 19,9 Milliarden Franken kostet, sind vor allem Umweltkosten verantwortlich. Avenir Suisse rechnet damit, dass allein der Einsatz von Pestiziden 100 Millionen Franken pro Jahr kostet. 2016 veranschlagte die Denkfabrik noch 75 Millionen.

Und selbst das dürfte noch zu wenig sein. Denn die Studienautoren gehen davon aus, dass viele Trinkwasserfassungen saniert werden müssen, weil sie insbesondere durch Abbauprodukte von Chlorothalonil belastet sind. Das ist jenes Pflanzenschutzmittel gegen Pilzbefall, das der Bundesrat auf das neue Jahr hin verboten hat.

Ein weiteres teures Umweltproblem der Landwirtschaft ist die Phosphorbelastung der Schweizer Gewässer – verursacht durch die Gülle-Ausbringung. In der Folge müssen bereits der Baldegger- und der Sempachersee künstlich belüftet werden. Auch der Zugersee bräuchte eine Sanierung. Avenir Suisse schätzt, dass die Phosophorbelastung pro Jahr 275 Millionen Franken kostet.

Agrarpolitik treibt seltsame Blüten

Zu diesen Kosten trägt auch die Agrarpolitik bei: So zahlte der Bund 2018 ganze 1,8 Millionen Franken an die Bauern, damit diese weniger Pestizide benutzen. Zweifellos sinnvoll im Kampf gegen umweltschädliches Verhalten. Gleichzeitig aber fördert die Politik das umweltschädliche Verhalten: So gilt für Pestizide ein reduzierter Mehrwertsteuersatz von 2,5 statt 7,7 Prozent. Und das will Bundesrat Guy Parmelin auch so lassen, wie er auf einen parlamentarischen Vorstoss beschied. Weil es so effektiver sei und einfacher in der Handhabung – für die Bauern.

Heute lädt der Schweizer Bauernverband zu seiner traditionellen Jahresmedienkonferenz. Auf einem Schweinezuchtbetrieb in Worb BE wird Bauernpräsident Markus Ritter (52) den Kampf gegen die beiden Pestizid-Initiativen lancieren, die im Herbst an die Urne kommen. Beide würden die Schweizer Landwirtschaft geradezu «auf den Kopf stellen», warnt der Verband bereits in der Einladung.

Viele Trinkwasserfassungen müssen saniert werden

Das kann man auch anders sehen: Dafür, dass die Landwirtschaft uns neu 20,7 statt 19,9 Milliarden Franken kostet, sind vor allem Umweltkosten verantwortlich. Avenir Suisse rechnet damit, dass allein der Einsatz von Pestiziden 100 Millionen Franken pro Jahr kostet. 2016 veranschlagte die Denkfabrik noch 75 Millionen.

Und selbst das dürfte noch zu wenig sein. Denn die Studienautoren gehen davon aus, dass viele Trinkwasserfassungen saniert werden müssen, weil sie insbesondere durch Abbauprodukte von Chlorothalonil belastet sind. Das ist jenes Pflanzenschutzmittel gegen Pilzbefall, das der Bundesrat auf das neue Jahr hin verboten hat.

Ein weiteres teures Umweltproblem der Landwirtschaft ist die Phosphorbelastung der Schweizer Gewässer – verursacht durch die Gülle-Ausbringung. In der Folge müssen bereits der Baldegger- und der Sempachersee künstlich belüftet werden. Auch der Zugersee bräuchte eine Sanierung. Avenir Suisse schätzt, dass die Phosophorbelastung pro Jahr 275 Millionen Franken kostet.

Agrarpolitik treibt seltsame Blüten

Zu diesen Kosten trägt auch die Agrarpolitik bei: So zahlte der Bund 2018 ganze 1,8 Millionen Franken an die Bauern, damit diese weniger Pestizide benutzen. Zweifellos sinnvoll im Kampf gegen umweltschädliches Verhalten. Gleichzeitig aber fördert die Politik das umweltschädliche Verhalten: So gilt für Pestizide ein reduzierter Mehrwertsteuersatz von 2,5 statt 7,7 Prozent. Und das will Bundesrat Guy Parmelin auch so lassen, wie er auf einen parlamentarischen Vorstoss beschied. Weil es so effektiver sei und einfacher in der Handhabung – für die Bauern.

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