Am Donnerstag sind die Unterschriften gegen die Änderung bei der Organspende eingereicht worden. Diese sieht vor, dass alle, die sich nicht anders äussern, automatisch Organspender werden. Aus Sicht des Komitees ist es aber zentral, dass der Entscheid bewusst fällt.
«Es geht nicht um eine Entscheidung für oder gegen die Organspende, sondern nur und ausschliesslich um die gesetzliche Voraussetzung, wie man zu einer Organspende kommt», betonte Mit-Initiantin, Hebamme und Pflegefachfrau Susanne Clauss vor den Medien. Denn der geplante Wechsel von der Zustimmungs- zur Widerspruchslösung sei ein massiver Eingriff in die Grundrechte der Menschen.
«Wer sich Zeit seines Lebens nicht explizit gegen eine Entnahme ausspricht, über dessen Körper könnten andere von Rechts wegen verfügen», sagte die Professorin Franziska Sprecher. «Diese rote Linie dürfen wir nicht überschreiten.» Das Komitee sieht das in der Verfassung garantierte Menschenrecht «auf körperliche Integrität» verletzt - oder umgekehrt: Das Recht auf Unversehrtheit des eigenen Körpers müsse explizit eingefordert werden durch die schriftliche Willensäusserung.
Zu wenig Organspender
Heute ist es so, dass eine Organspende nur dann infrage kommt, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten einer Spende zugestimmt hat. Liegt keine Willensäusserung vor, müssen die Angehörigen entscheiden. Weil es zu wenig Organspenderinnen und -spender gibt, verlangt eine Volksinitiative den Systemwechsel von der derzeitigen Lösung mit expliziter Zustimmung zur engen Widerspruchslösung.
Das Parlament stellt dieser Initiative einen etwas schwächeren indirekten Gegenvorschlag gegenüber. Demnach soll man sich zu Lebzeiten schriftlich äussern müssen, wenn man die Organe nicht spenden will. Ohne Willensäusserung wird man automatisch zum Organspender oder zur Organspenderin. Angehörige können eine Organspende kurz vor dem Tod noch ablehnen, wenn sie glauben, dass dies dem Willen der verstorbenen Person entspricht.
Aus Sicht des Referendumskomitees werden damit aber mehrere in der Schweiz geltende Grundprinzipien verletzt. Zur Grundlage des Gesundheitswesens gehöre etwa, dass Eingriffe in den menschlichen Körper nur dann erfolgten, wenn die betroffene Person zuvor über die Konsequenzen eines solche Eingriffs in adäquater Form aufgeklärt wurde. Das nennt sich «informed consent», wie Franziska Sprecher erläuterte.
Es sei aber nicht möglich, dass alle Menschen in der Schweiz ausreichend über das Thema Organ-Transplantation informiert seien. So seien einige der Sprache nicht mächtig, andere wollten sich schlicht nicht mit dem Sterben befassen, sagte der Arzt und Mit-Initiant Alex Frei. Sie würden dann uninformiert und unbewusst zur Organspenderin oder zum Organspender. Mit der Widerspruchsregelung werde das Prinzip in «eklatanter Weise» verletzt.
65'000 Unterschriften eingereicht
Viele Leute seien heute im falschen Glauben, Organe würden von kalten Leichen entnommen und dann transplantiert, sagte Frei. Das sei aber nicht der Fall. So würden bei Patienten, die man sterben lassen wolle, die intensivmedizinischen Massnahmen gestoppt. Fünf Minuten nach dem Hirntod würden Patienten beispielsweise wieder künstlich beatmet und sie würden an eine Herz-Lungenmaschine angeschlossen, damit die Organe nicht unterversorgt sind.
Bei der Diskussion zu diesem Thema dürfe man zudem nicht nur die Person sehen, die ein Organ bekomme, sondern auch jene, die Organe spende – oder deren Angehörige, sagte Clauss. Nebst dem Trauma des Verlustes müssten sich die Angehörigen noch mit der richtigen oder falschen Entscheidung befassen, sagte Clauss. Ein ethisches Dilemma werde in einer emotional schwierigen Situation noch verschärft.
Das Komitee sei klar der Meinung, dass die Widerspruchslösung ethisch nicht vertretbar sei, sagte Frei. Die Organentnahme müsse zwingend freiwillig eine bewusste Spende sein.
Die Bundeskanzlei überprüft die 65'000 eingereichten Unterschriften nun auf ihre Gültigkeit. 50'000 davon müssen gültig sein. Sofern dies der Fall ist, wird der Souverän am 15. Mai über das Referendum abstimmen. (SDA)