«Andreas Meyer hat grosse Verdienste für die SBB»
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Verkehrsministerin Sommaruga:«Andreas Meyer hat grosse Verdienste für die SBB»

Reaktionen zum Meyer-Rücktritt – und Wünsche für die Nachfolge
«Service-Public-Fan statt Manager-Typ»

SBB-CEO Andreas Meyer tritt auf kommendes Jahr hin zurück. Die jetzige Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga lobt seine Verdienste. Andere erklären, was der Nachfolger besser machen muss.
Publiziert: 04.09.2019 um 15:47 Uhr
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Aktualisiert: 03.10.2020 um 23:13 Uhr
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Alt Bundesrat Moritz Leuenberger (73) war Verkehrsminister, als Andreas Meyer 2007 zum CEO ernannt wurde.
Foto: KEYSTONE
Nico Menzato und Ruedi Studer

Mitten in der Krise kündigte SBB-CEO Andreas Meyer (58) heute seinen Rücktritt an. Bis spätestens 2020 will er die Führerkabine einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin überlassen haben. «Bei so einer grossen Firma gibt es nie den richtigen Zeitpunkt für den Rücktritt», sagt Edith Graf-Litscher (55), Präsidentin der nationalrätlichen Verkehrskommission.

Als Nachfolger oder Nachfolgerin wünscht sich die Thurgauer SP-Nationalrätin eine «Führungspersönlichkeit mit grosser Freude an einem Service-Public-Unternehmen und weniger einen Manager-Typ». Jemand, der wieder Ruhe in das Unternehmen bringe und dem der Spagat zwischen den beschränkten finanziellen Mitteln und einem zuverlässigen Betrieb gelinge.

«Unser ÖV ist ein Erfolgsmodell», sagt Graf-Litscher. Doch das Netz sei stark belastet. «Den SBB muss es in der Zukunft besser gelingen, dass das Rollmaterial funktioniert, der Unterhalt gewährleistet ist und genügend gutes Personal zur Verfügung steht.»

«Unser ÖV steht hervorragend da»

Zufrieden mit dem Noch-SBB-CEO ist CVP-Verkehrspolitiker Martin Candinas (39). «Ich bedaure den Rücktritt sehr, habe aber auch Verständnis», so der Bündner. «Der ÖV steht im Vergleich mit anderen europäischen Staaten hervorragend da.»

Doch es gebe auch grosse Herausforderungen, sagt Candinas und nennt den Ersatz von Rollmaterial, Strecken, die an Kapazitätsgrenzen stossen, den grenzüberschreitenden Verkehr, Unterhalt und die Pünktlichkeit. «Dem neuen SBB-Chef muss der Ausgleich zwischen Wirtschaftlichkeit und Service-Public-Gedanken gelingen», so Candinas zur Suche eines Nachfolgers oder einer Nachfolgerin.

Leuenberger verlangte Weibel-Klon

Als Meyer 2007 zum CEO ernannt wurde, hiess der Verkehrsminister Moritz Leuenberger (73). Zum Rücktritt Meyers sagt der ehemalige SP-Magistrat zu BLICK: «Als damals Benedikt Weibel zurücktrat, gab ich in Auftrag, ihn zu klonen. Das ist nicht vollumfänglich gelungen.» Seit dieser Erkenntnis mische er sich in das Auswahlverfahren von Nachfolgen nicht mehr aktiv ein, so der heutige Moderator der «Bernhard Matinée».

Die aktuelle Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga (59) sagt, Meyer habe sie schon im Frühling über seine Rücktrittsabsichten informiert – und lobt den Abtretenden: «Andreas Meyer hat grosse Verdienste für die SBB und den öffentlichen Verkehr in der Schweiz.» Er habe die SBB modernisiert und mehr Geld für den Unterhalt beschafft. Unter seiner Führung hätten die SBB das Angebot stark ausgebaut und gleichzeitig dafür gesorgt, dass die Preise stabil geblieben seien, so die SP-Bundesrätin.

Weibel wünscht Meyer «alles Gute»

Meyers Vorgänger Benedikt Weibel (72) mag den Rücktritt nicht gross kommentieren. Nur so viel: «Er wird feststellen, dass ein Leben voller Überraschungen auf ihn wartet – und dafür wünsche ich ihm alles Gute!»

Zur aktuellen SBB-Krise hingegen will Weibel nichts sagen. «Das gehört sich nicht», meint Weibel nur. Dabei hätte er allen Grund dazu. Letztes Jahr war Meyer seinem Vorgänger nämlich an den Karren gefahren: Er habe bei seinem Amtsantritt eine SBB übernommen, «die am Auseinanderbrechen war», so Meyer. In Weibels Amtszeit sei der Unterhalt vernachlässigt worden, begründeten die SBB diesen Sommer ihre Verspätungsprobleme.

Auch bezüglich möglichen Nachfolgern übt sich Weibel in Zurückhaltung. Namen will er keine nennen. Nur: «Es muss zwingend jemand aus der Branche sein, der oder die sich am Service public orientiert. Ohne Branchenerfahrung klappt es nicht.»

Gewerkschaft: «SBB müssen wieder Symbol für schweizerische Identität werden»

Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV) fordert, jetzt müsse der Service Public wieder ins Zentrum gestellt werden – mit guten Leistungen, einer hohen Sicherheit und angemessenen Preisen. «Das erreichen die SBB zuallererst mit Vertrauen ins eigene Personal, das weiss, wie Bahnbetrieb geht, und diesen mit Leidenschaft macht», so SEV-Präsident Giorgio Tuti (55).

Das Vertrauen der Eisenbahnerinnen und Eisenbahner in ihre Führung sei zurzeit klein. «Die SBB müssen wieder ein Symbol für schweizerische Identität werden», so Tuti.

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