Profit auf Kosten der Ärmsten
Rotes Kreuz verlangt horrende Mieten für Asylwohnungen

Dem Schweizerischen Roten Kreuz wird vorgeworfen, sich bei der Weitervermittlung von Wohnungen an Asylsuchenden zu bereichern. Dies zeigt ein Beispiel aus der Berner Gemeinde Wohlen. Das SRK verteidigt sich – doch der Kanton sieht Handlungsbedarf.
Publiziert: 03.03.2023 um 12:52 Uhr
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Aktualisiert: 24.03.2023 um 11:27 Uhr
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Das Schweizerische Rote Kreuz ist das grösste Hilfswerk des Landes.
Foto: Matthias Kempf

Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) schlägt hohe Profite aus Sozialwohnungen in der Gemeinde Wohlen BE. Es mietet günstige Wohnungen von der Gemeinde an und vermietet diese dann mit saftigen Aufschlägen weiter – zumeist an Asylsuchende. Dies schreibt die «Berner Zeitung».

Die Zeitung berichtet über den Fall von Flüchtling Judi Ali. Dieser bewohnt mit seinem Bruder, seiner Frau und der dreieinhalbjährigen Tochter eine 2,5-Zimmerwohnung in Wohlen. Als die Familie einzog, erhielt sie noch Asylsozialhilfe und musste darum nicht selber für die Miete aufkommen. Doch jetzt hat Ali einen festen Job und muss die Wohnung selber bezahlen.

Aufschlag von 143 Prozent

Als er den Mietvertrag sah, traf ihn der Schlag: Die Wohnung soll satte 1964 Franken kosten. «Das hätten wir unmöglich bezahlen können», sagt Ali. In seiner Verzweiflung wendet er sich erst an seine Nachbarn und dann an die Gemeinde.

Gemeindepräsident Bänz Müller von der SP ist entsetzt. Denn die Gemeinde vermietet die Wohnung an das Schweizerische Rote Kreuz – für lediglich gut 800 Franken. Die vom SRK verlangten 1964 Franken entsprechen somit einem Aufschlag von 143 Prozent!

Müller findet eine weitere Wohnung, die das Rote Kreuz seit knapp drei Jahren von der Gemeinde mietet. Bei dieser habe das Hilfswerk laut dem Gemeindepräsidenten ebenfalls 41 Prozent draufgeschlagen. Insgesamt hat das Rote Kreuz somit in nur 29 Monaten einen Gewinn von 45'000 Franken «erwirtschaftet».

Das Rote Kreuz verteidigt die Gewinne

Gegenüber der Gemeinde verteidigt sich das Schweizerische Rote Kreuz mit dem Argument, dass man für die Vermittlung, für die Übergabe und allfällige Räumungen aufkommen müsse. Ausserdem halte man beim SRK stets einen Leerstand von fünf Prozent, um im Notfall schnell Wohnungen zur Verfügung stellen zu können. Die meisten Vermieter hätten Verständnis, «dass wir die Miete nicht einfach 1:1 an die Klientel weitergeben».

Durchschnittlich betrage die Marge bei den Untervermietungen 25 Prozent. Weil man auf viele Wohnungen eine zu kleine Marge habe, komme es zur Quersubventionierung durch Wohnungen, bei denen man eine höhere Marge festlegen kann. Dennoch mache man keine grossen Gewinne mit der Vermittlung. «Im Jahr 2021 erzielte das SRK Kanton Bern in diesem Bereich einen kleinen Gewinn, und das Jahr 2022 wird voraussichtlich mit einem Verlust abschliessen», sagt das SRK.

Kanton will handeln

Die Sozialdirektion des Kantons Bern indes sagt gegenüber der «Berner Zeitung», dass der Aufpreis «im vorliegenden Fall sicher zu hoch» sei. Das Rote Kreuz sei darum bei seinem Immobilienportfolio über die Bücher gegangen.

Doch das reicht dem Kanton nicht. Geplant ist laut Angaben der Sozialdirektion, festzulegen, wie hoch der Aufschlag maximal sein darf, den Organisationen wie das SRK für die Weitervermietung von Asylwohnungen verlangen dürfen. (shq)

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