Auf einen Blick
- Die Post muss sich an die sinkende Nachfrage anpassen, um die Grundversorgung unabhängig von Steuergeldern zu finanzieren
- Bis 2028 werden 170 Poststellen geschlossen, 100 Millionen Franken werden in verbleibende Filialen investiert
- Post-Chef erwartet von der Politik moderne Gesetze
Blick: Herr Cirillo, Sie haben heute an der Pressekonferenz gesagt: «Stillstand ist für die Post keine Option.» Was heisst das genau?
Roberto Cirillo: Die Nachfrage nach Dienstleistungen wie Briefversand und Einzahlungen am Schalter sinkt. Diese Dienste sind jedoch wichtig für die Finanzierung unserer Grundversorgung. Deshalb müssen wir uns ständig anpassen, um die gewohnt hohe Qualität sichern und gleichzeitig unabhängig von Steuergeldern bleiben zu können.
Die Post hat bereits Ende Mai bekannt gegeben, bis 2028 170 Poststellen zu schliessen, respektive umzuwandeln. Nach welchen Kriterien wurden die Filialen ausgewählt?
Wir haben entschieden, welche Poststellen wir langfristig für die nächsten 10 bis 20 Jahre erhalten möchten und wollen in diese Filialen in den nächsten vier Jahren 100 Millionen Franken investieren. Dabei haben wir auch überlegt, wo Partnerlösungen besser wären, um den Zugang zu unseren Dienstleistungen zu sichern. Das Ergebnis ist, dass wir für 170 Poststellen nach Alternativen suchen.
Erst heute hat die Post die Liste mit den potenziellen Filialumwandlungen veröffentlicht. Warum dauerte die Auswahl so lange? Wollte die Post ein Geheimnis um die Filialen machen?
Wir haben uns lediglich die Zeit genommen, um zuerst unsere eigenen Mitarbeitenden zu informieren, was uns sehr wichtig ist. Ausserdem wollten wir gemeinsam mit den lokalen Teams vor Ort passende Lösungen für jede Region finden, statt zentral in Bern zu entscheiden. Das alles braucht Zeit.
Betroffen sind 155 Standortgemeinden. Gab es Widerstand aus den Orten?
Nein. Den Grossteil der 155 betroffenen Gemeinden haben wir bereits kontaktiert, für die restlichen stehen Termine bis Jahresende. Genügend Zeit, um für alle gut abgestimmte Lösungen vorzubereiten.
Wird es zu einem Stellenabbau kommen?
Wir sind überzeugt, dass wir ohne Kündigungen auskommen – aus zwei Gründen: Erstens arbeiten unsere Mitarbeitenden flexibel in ganzen Regionen und unterstützen sich gegenseitig. Zweitens gehen in den nächsten Jahren viele in Rente, sodass wir sogar rund 600 neue Leute einstellen müssen. Aber klar: Einzelfälle lassen sich nie völlig ausschliessen.
Also können Sie versprechen, dass in absehbarer Zeit keine weiteren Poststellen mehr geschlossen werden?
Was wir hier vorgestellt haben, ist das Zielbild für Ende 2028. Die Umwandlung wird in den kommenden vier Jahren also schrittweise passieren. Natürlich wäre es schön, eine Glaskugel zu haben, um zu wissen, wie es danach aussieht – die haben wir aber leider nicht. Was wir garantieren können: Wir investieren in unser Netz, und dort, wo wir das tun, wollen wir für die nächsten 10 bis 20 Jahre präsent bleiben.
Sie haben auch dazu aufgerufen, dass sich die Politik intensiver mit der Post und der Postgesetzgebung beschäftigt.
Ja, ich habe grosse Erwartungen an die Politik, insbesondere, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen zukunftsfähig werden. Das liegt am Parlament. Ich weiss, dass Anpassungen Zeit brauchen, aber die Politik muss der Post innerhalb des bestehenden Gesetzes Spielraum geben, um sich weiterentwickeln zu können. Nur so bleibt die Grundversorgung auch 2030 qualitativ hochwertig. Ohne Anpassungen riskieren wir eine Verschlechterung der Qualität.
Sie haben heute auch zukunftsgerichtete, digitale Lösungen präsentiert. Was erhoffen Sie sich davon?
Dass sie den Zugang zu Post-Dienstleistungen erleichtern. Damit wir auch diejenigen bedienen können, die bisher mit technischen Neuerungen Schwierigkeiten hatten. Die Post stellt sicher, dass diese neuen Angebote für alle zugänglich sind.