«Jetzt reichts!» Mit Trycheln und Transparenten gingen über 10'000 Bäuerinnen und Bauern in Bern auf die Strasse, um gegen Sparpläne des Bundes zu protestieren. Das war im November 2015. Seither hat es in der Schweiz keine grosse Bauern-Demo mehr gegeben. Ein solcher Aufstand sei hierzulande «nicht angebracht», sagte der Zürcher Bauernverbandspräsident Martin Haab (61) zu Blick, als Anfang Januar in Deutschland landesweit Hunderte Bauern den Verkehr lahmlegten.
Inzwischen aber ist der Protest auch in die Schweiz geschwappt. In Genf fuhren am vergangenen Wochenende einige Dutzend Traktore vor, rund 200 Personen demonstrierten. Auch im Baselbiet gab es einen kleineren Protest. Hinter der Demo in der Westschweiz stand die Bauerngewerkschaft Uniterre. Mit von der Partie waren auch Mitglieder der Gruppe «Révolte agricole Suisse» (Bauernprotest Schweiz), die sich auf Facebook formiert hat und inzwischen über 7000 Mitglieder zählt.
Blockaden im Ausland?
In der Romandie war die Gruppe in den vergangenen Wochen dadurch aufgefallen, dass sie als stilles Zeichen des Protests diverse Ortsschilder verkehrt herum angeschraubt hatte. Es handelt sich um eine Anspielung auf den Slogan «On marche sur la tête» der Bauern in Frankreich, der so viel heisst wie «Alles läuft verkehrt». Die Gruppe schliesst auch Blockaden wie im Ausland nicht aus.
Die Bauern nehmen mit ihrem Protest nicht primär die Politik, sondern die Detailhändler ins Visier. Eine ihrer Forderungen: faire Produzentenpreise. Dafür macht sich auch der Bauernverband mit einer Petition stark.
Zur Enttäuschung der Organisatoren des Westschweizer Bauernprotests hält sich der Bauernverband sonst aber zurück. Er hatte seine Mitglieder dazu aufgerufen, den Ball flachzuhalten.
Gegen weniger Subventionen und mehr Auflagen
Über 35'000 Menschen haben die Online-Petition bis am Dienstag unterzeichnet. Darin fordern die Bauern beispielsweise mehr Anerkennung für ihre Arbeit, keine Kürzungen bei den Direktzahlungen, höhere Produzentenpreise und keine weiteren Auflagen in Sachen Ökologie. Man erwarte von Bund und Politik, dass sie auf die Probleme der Landwirtschaft «eingehen und Lösungen anbieten, die der Praxis und dem regionalen Kontext angepasst sind».
Die Bauern wehren sich etwa gegen die Sparpläne von Finanzministerin Karin Keller-Sutter (60): Das Budget der Landwirtschaft soll für die nächsten Jahre um 2,5 Prozent gesenkt werden.
Auf Verständnis stossen die Bauern bei Wirtschaftsminister Guy Parmelin (64). Im Westschweizer Fernsehen konstatierte der gelernte Weinbauer vor kurzem, dass Landwirte unter einer immer grösseren administrativen Belastung litten. Die Bürokratie wolle man soweit möglich reduzieren. Zudem sieht auch er eine Verantwortung beim Detailhandel. Eine Möglichkeit sei, mehr Preistransparenz zu schaffen. (lha)