Pascal Stirnimann hat den Postauto-Beschiss aufgedeckt und ist neuer Finanzaufseher
«Wo Geld fliesst, besteht Missbrauchsrisiko»

Er brachte Postauto ins Schleudern. Seit vier Monaten ist er der höchste Finanzüberwacher der Schweiz. Seine Kontrollstelle nimmt die gesamte Bundesverwaltung, die Parlamentsmitglieder und die Staatsbetriebe unter die Lupe.
Publiziert: 20.12.2022 um 10:19 Uhr
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EFK-Direktor Pascal Stirnimann ist seit dem 1. September im Amt.
Foto: keystone-sda.ch
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Pascal TischhauserStv. Politikchef

Er deckte mit dem Postauto-Bschiss den grössten Subventionsskandal in der Schweizer Geschichte auf: Pascal Stirnimann (49). Als Leiter der Revision beim Bundesamt für Verkehr (BAV) hatte er festgestellt, dass Postauto jahrelang viel zu hohe Abgeltungen einfuhr und unerlaubte Gewinne einstrich. Der gelbe Riese zahlte über 200 Millionen Franken zurück. Im April wählte der Bundesrat Stirnimann an die Spitze der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK), wo er am 1. September die Nachfolge von Michel Huissoud antrat.

Blick: Herr Stirnimann, Ihr Vorgänger, Herr Huissoud, war nicht bei allen beliebt, was für ihn spricht, nicht?
Pascal Stirnimann: Tatsächlich, wenn man Prüfer sein will, wäre man falsch, wenn man beliebt sein möchte. Wichtig ist mir, dass man über mich sagt, er war hart, aber fair in der Sache.

Sie machen aber gar nicht den Eindruck eines harten Hunds.
Das müssen Sie die Geprüften fragen. Die Vergangenheit hat aber wohl gezeigt, dass ich mit Biss agieren konnte. Ein früherer Chef meinte, er habe nie jemanden gekannt, der so hartnäckig sei wie ich und gleichzeitig so charmant.

War das BAV-Direktor Peter Füglistaler?
Ja, genau.

Damit haben Sie indirekt den Postauto-Skandal angesprochen, auf den Sie im BAV gestossen sind. Waren Sie hartnäckiger als andere?
Der Auslöser war, dass bei Postauto mit der Reorganisation Impresa eine neue Holdingstruktur geschaffen wurde. Bei neuen solchen Strukturen muss man immer verstehen, weshalb sie eingeführt werden. Ich habe das damals nicht verstanden.

Sie sind also stutzig geworden?
Absolut. Ich hatte die Vermutung, dass das Motiv dieser Reorganisation eine Gewinnabschöpfung war. Leider Gottes hat sich das bestätigt.

Beim Postauto-Bschiss war es ja nicht nur ein Problem unabsichtlich falscher Buchungen, sondern mutmasslich wurde hier mit krimineller Energie gearbeitet.
Es ist Aufgabe der Gerichte, darüber zu urteilen.

So hartnäckig wie Sie ist man nicht in jedem Bundesamt. In jenem für Sport ist es zum wiederholten Male zu falschen Auszahlungen von J+S-Geldern gekommen.
Ich kenne die Fälle nicht. Aber wo Geld fliesst, besteht ein Missbrauchsrisiko. Am Ende des Tages muss gewährleistet sein, dass es eine wirksame Kontrolle gibt. Bei den Subventionen gibt es immer wieder Leistungen, die an Bedingungen geknüpft sind, die zu wenig genau formuliert sind. Darum braucht es robuste Gesetze, eine robuste Kontrolle und Leute, die dafür zu sorgen wollen, dass die Subventionen am richtigen Ort ankommen.

Wenn Sie in der Zeitung lesen, dass es in einem Bundesamt wiederholt zu Fehlern gekommen ist, gehen Sie solchen Hinweisen nach?
Absolut! Es gehört zu unserer Arbeit, dass wir Medienberichte analysieren. Und wir setzen auf Whistleblowing. Wir haben jährlich über 400 Hinweise, denen wir nachgehen. Auch international werden über 50 Prozent der Betrugsfälle durch Whistleblowing aufgedeckt. Das Bundespersonal ist geschützt, wenn es Verstösse meldet.

Neu wacht die EFK über die Parteienfinanzierung. Dazu haben Sie aber bloss 15 Tage Zeit. Wie das?
Das zeigt, der Teufel liegt im Detail. Nach den Wahlen am 22. Oktober 2023 haben die Parteien Zeit, uns die Angaben zur Wahlkampffinanzierung bis zum 21. Dezember zuzuschicken. Ab dann bleiben uns über die Festtage 15 Tage für unsere Prüfung. Ich gehe nicht davon aus, dass man sich freute, wenn wir am 26. Dezember auf einer Parteizentrale vorbeikämen. Wir konnten unseren Abgabetermin aber verschieben.

Ganz zum Schluss: Bei allem Negativen – für Sie war der Postauto-Skandal ja positiv. Sie wurden EFK-Chef.
Es ist immer so. Derjenige, der das Tor schiesst, ist nicht zwangsweise der beste Spieler. Sein Marktwert steigt jedoch. Aber wir hatten ein gutes Team im BAV und durften zusammen die Lorbeeren ernten. Es wäre uns jedoch lieber gewesen, wenn das Problem gar nicht entstanden wäre.


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