Immer wieder wehren sich Bauern gegen neue Vorschriften für die Biodiversität. Gerade steckt der Schweizer Bauernverband mitten im Abstimmungskampf gegen die Biodiversitäts-Initiative. Eine Aussage wird dabei oft wiederholt: Bauernfamilien würden auf freiwilliger Basis schon viel mehr für die Artenvielfalt tun als verlangt.
Auf 19 Prozent der Landwirtschaftsfläche fördern sie Lebensräume für Tiere und Pflanzen, mit sogenannten Biouniversitätsförderflächen. Das seien viel mehr als die obligatorischen 7 Prozent, betont der Bauernverband gerne.
Allerdings sehen Biologinnen und Biologen die Biodiversität gerade im Mittelland stark bedroht, wo der Druck durch Landwirtschaft und Infrastruktur gross ist. Bäuerinnen und Bauern legen die Förderflächen nämlich oft dort an, wo sie den Anbau nicht stören. Heisst an Hängen oder in Berggebieten – unabhängig davon, ob das der Natur viel bringt oder nicht.
Parmelin stellt sich ins Kartoffelfeld
Landwirtschaftsminister Guy Parmelin (64) stärkt den Bauern im Abstimmungskampf nun den Rücken. Am Freitag steht er in der brütenden Sonne selbst kurz ins Kartoffelfeld. Allerdings nicht, um selbst anzupacken, sondern nur für Fotos. Am Rande eines Medienanlasses auf dem Hof der Familie Herren in Wileroltigen BE sagt er zu Blick: «Die Bauern machen schon heute viel für die Biodiversität. Wir sind auf einem guten Weg.»
Wie der Bauernverband erwähnt auch er die 19 Prozent Biodiversitätsförderfläche, welche die Landwirtschaft schon heute ausweist. Und doch: Die Qualität dieser Fläche liesse sich verbessern, fügt Parmelin an.
Mahr zur Biodiversitäts-Initiative
Bauernlobby versenkte Öko-Vorschrift
Das tönt beschönigend, angesichts der Finanzierungsbotschaft der Landwirtschaft, die Parmelin erst im Juni verabschiedet hat. Dort steht: «Die Qualität und Vernetzung vieler Lebensräume auf Landwirtschaftsflächen reichen nicht aus, um die Biodiversität langfristig zu erhalten.»
Tatsächlich hat sich Parmelin selbst starkgemacht für eine neue Vorschrift für Öko-Flächen auf Äckern. Sie hätte vorgesehen, dass Bauern auf mindestens 3,5 Prozent ihrer Ackerfläche Biodiversitätsflächen schaffen. Allerdings hat die Bauernlobby gesiegt: Zweimal wurde die Vorschrift verschoben und in der letzten Session dann endgültig vom Parlament abgeschossen.
Verständnis für unzufriedene Landwirte
Am Freitag auf dem Bauernhof in Wilerotligen stellt sich Parmelin allerdings auf die Seite der Bauern. Denn Hofbesitzer Christoph Herren ist besorgt: «Auf dieses Feld schaue ich nicht gerne», sagt er, während er mit einer Horde Journalistinnen und Journalisten im Schlepptau die Zuckerrüben passiert. Das Jahr sei anspruchsvoll gewesen, es habe viel geregnet und der Schädlingsdruck sei gross gewesen. Er hoffe auf eine Erholung im Herbst.
Der Bundesrat sei sich den zahlreichen Herausforderungen für Bauern bewusst, versicherte Parmelin. Er nannte unter anderem der Klimawandel, die steigenden Ansprüche der Gesellschaft für eine nachhaltige Produktion und die teilweise fehlende Wertschöpfung. Die Agrarpolitik müsse die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Nahrungsmittelproduktion schaffen und zur Versorgungssicherheit beitragen. Es sei ausserdem Ziel, die administrative Belastung der Landwirte zu reduzieren.