Wird aus der Justizministerin bald die Finanzministerin? Bundesrätin Karin Keller-Sutter (58) werden im Hinblick auf die Ersatzwahlen vom Dezember Wechselgelüste nachgesagt. Denn das Justizdepartement war nie Keller-Sutters Favorit – und nun bietet sich mit den frei werdenden Sitzen von Ueli Maurer (71) und Simonetta Sommaruga (62) die Chance, in ein neues Departement zu wechseln.
Viel ist bereits spekuliert worden, ob es Keller-Sutter wohl aufs Finanzdepartement abgesehen hat, das derzeit noch in den Händen von Maurer ist. Als Finanzministerin steht man zwar weniger als manch andere Bundesräte im öffentlichen Fokus, kann dafür innerhalb des Gremiums oft mitreden. Schliesslich betrifft fast jedes Geschäft die Finanzen. Auch deshalb gilt das Departement als eines der wichtigsten und eines, das die Bürgerlichen unbedingt unter ihrer Kontrolle behalten wollen.
Sie hält sich bedeckt
Auf die konkrete Frage, ob sie ins Finanzdepartement wechseln möchte, antwortete Keller-Sutter bisher stets ausweichend. So wie das Bundesrätinnen und Bundesräte zu pflegen tun. Die Frage komme zu früh, sagte sie Mitte Oktober in einem Interview mit «CH Media». Zudem handle es sich bei der Departementsverteilung um eine interne Angelegenheit des Bundesrats.
Dennoch scheint sich Keller-Sutter inzwischen auch öffentlich in Stellung zu bringen. Am Samstag rührte sie in einem Interview mit der «NZZ» die Werbetrommel für sich als Finanzministerin. Nicht explizit natürlich, aber dennoch deutlich: Mehr als die hohen Asylzahlen würde sie derzeit ein anderes Thema beschäftigen, sagt sie im Interview, nämlich die weltweite Wirtschaftslage: «Wir haben eine Stagnation in den USA. Im Euroraum droht eine Rezession, und die Wirtschaftsprognosen für China sind aufgrund der restriktiven Corona-Politik ebenfalls nicht gut.»
Dazu komme die Frage der Energieversorgung, die die Schweiz noch über Jahre beschäftigen werde. Dasselbe gelte für die sinkende Kaufkraft als Folge der Inflation und die Verschuldung. «Diese Gemengelage erachte ich als sehr schwierig. Wir werden dies auch in der Schweiz spüren. Es erwarten uns wirtschaftlich schwierige Jahre.»
Werbespot für sich als Finanzministerin
Hier klingt Keller-Sutter schon fast wie Noch-Finanzminister Ueli Maurer. Und bereits am FDP-Parteitag vor gut zwei Wochen hatte die Bundesrätin von sich aus die Sprache aufs Thema Finanzen gelenkt – mit Worten, die Musik sind in den Ohren einer und eines jeden Bürgerlichen: Sie wünsche sich «finanzpolitische Disziplin» und «eine gewisse Bescheidenheit», sagte sie. Die Schweiz müsse das Erbe von alt FDP-Bundesrat Kaspar Villiger (81) pflegen, der von 1996 bis 2003 Finanzminister war und unter dessen Ägide, wie Keller-Sutter ausführte, einst die Schuldenbremse eingeführt worden ist.
Doch geht es nach der FDP, sollte auch ein anderer Bundesrat das Departement wechseln: Laut dem SonntagsBlick versuchen Freisinnige nämlich, Ignazio Cassis (61) dazu zu bewegen, das Aussendepartement abzugeben.
Vieles scheint nun also denkbar. Der Abgang von Maurer und Sommaruga eröffent ganz unterschiedliche Chancen – auch für ein Päckli zwischen SVP und FDP.
So oder so: Die Möglichkeit scheint zum Greifen nah, dass Karin Keller-Sutter bald selbst in der Hand hat, Kaspar Villigers Erbe zu pflegen.