Schweizer Spezialeinheit wird nach Kabul geschickt
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Armee hilft bei Evakuierung:Schweizer Spezialeinheit wird nach Kabul geschickt

Oberster Krisenmanager Hans-Peter Lenz über die Lage in Kabul
«Beim Ausfliegen des lokalen Personals hilft man sich gegenseitig»

Am Mittwoch ist eine Spezialeinheit der Schweizer Armee in Kabul gelandet. Der Schweizer Krisenmanager Hans-Peter Lenz erklärt, weshalb die Soldaten den Flughafen nicht verlassen dürfen und wie sich die Länder in Kabul gegenseitig helfen.
Publiziert: 19.08.2021 um 00:46 Uhr
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Aktualisiert: 19.08.2021 um 08:04 Uhr
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Hans-Peter Lenz ist der oberste Krisenmanager im Aussendepartement. Er leitet die Krisenzelle Afghanistan.
Foto: Keystone
Interview: Ladina Triaca

Herr Lenz, mehrere Schweizer Elitesoldaten sind gestern in Kabul gelandet. Was ist das für eine Gruppe?
Wir haben einen Teil der Soldaten, die seit Dienstag in Usbekistan stationiert waren, nach Kabul verlegt. Die Soldaten sind im Hinblick auf Auslandseinsätze bestens ausgebildet und vielseitig einsetzbar. Einer ist beispielsweise medizinisch ausgebildet und ausgerüstet und kann vor Ort Menschen mit gesundheitlichen Problemen behandeln. Ein Mitarbeiter des Aussendepartements (EDA) ist ebenfalls in Kabul.

Was ist die Aufgabe der Soldaten?
Generell sollen die Soldaten das EDA bei der Evakuierung der rund 30 Schweizer sowie der 38 lokalen Angestellten und deren Familien unterstützen. Die Soldaten bewegen sich ausschliesslich im militärisch gesicherten Teil des Flughafens und verschaffen sich aktuell ein Bild von der Lage. Sobald die Schweizer und die lokalen Angestellten am Gate eintreffen, werden sie sie in Empfang nehmen und sie unterstützen.

Sind schon Schweizer oder afghanische Mitarbeiter am Flughafen eingetroffen?
Dazu kann ich aus Sicherheitsgründen nichts sagen.

Der oberste Krisenmanager

Hans-Peter Lenz (63) ist seit drei Jahren der oberste Krisenmanager im Aussendepartement (EDA) und leitet aktuell die Krisenzelle Afghanistan. Der ausgebildete Lehrer machte sich früh auf in die weite Welt. Als Vertreter des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) war er nach dem Völkermord 1994 in Ruanda tätig. Später leitete er für das EDA Auslandseinsätze in Haiti oder Pakistan. Nach einem Abstecher nach Jordanien, wo er als Botschafter die Interessen der Schweiz vertrat, kehrte er 2018 nach Bern zurück.

Keystone

Hans-Peter Lenz (63) ist seit drei Jahren der oberste Krisenmanager im Aussendepartement (EDA) und leitet aktuell die Krisenzelle Afghanistan. Der ausgebildete Lehrer machte sich früh auf in die weite Welt. Als Vertreter des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) war er nach dem Völkermord 1994 in Ruanda tätig. Später leitete er für das EDA Auslandseinsätze in Haiti oder Pakistan. Nach einem Abstecher nach Jordanien, wo er als Botschafter die Interessen der Schweiz vertrat, kehrte er 2018 nach Bern zurück.

Gehen die Soldaten auch in die Stadt, um die betroffenen Personen zum Flughafen zu begleiten?
Nein, das erlaubt die Situation vor Ort nicht. Die Message ist klar: Die Schweizer und die lokalen Angestellten müssen selbständig zum Flughafen kommen. Aber wir stehen ständig mit ihnen in Kontakt. Der Weg zum Flughafen ist für viele eine echte Herausforderung.

Wie wollen sie die Menschen evakuieren, sobald sie am Flughafen ankommen? Die Schweiz hat ja kein eigenes Transportflugzeug.
Wir hoffen darauf, dass die Amerikaner, die am Flughafen das Sagen haben, bald wieder zivile Charter-Flugzeuge landen lassen. Zudem fliegen die Deutschen und die Amerikaner, aber auch andere Länder derzeit viele Menschen an verschiedene Destinationen aus.

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Nur werden die wohl zuerst ihr eigenes Personal ausfliegen.
Nein, da täuschen Sie sich. In Notsituationen spielt die Solidarität, das habe ich bei meinen Auslandseinsätzen immer wieder beobachtet. In den deutschen Fliegern sitzen nicht nur Deutsche, und die Amerikaner haben beispielsweise unsere Schweizer Mitarbeiter aus Kabul geflogen, obwohl noch längst nicht alle Amerikaner evakuiert waren. Auch beim Ausfliegen des lokalen Personals hilft man sich immer wieder gegenseitig aus.

Ist auch eine Evakuierung über den Landweg denkbar?
Das müsste die Uno abklären. Wir können das nicht prüfen, weil wir gar nicht im Land unterwegs sind. Aber meines Wissens gibt es keine entsprechende Initiative. Es wäre auch sehr schwierig, die über 100 Kilometer lange Strecke an die Grenze zu sichern.

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