Nordkorea-Krise
Leuthard bittet zu Tisch – das passt nicht allen

Bundespräsidentin Doris Leuthard kündet der Weltgemeinschaft die Bereitschaft an, im Nordkorea-Konflikt zwischen den Parteien zu vermitteln. Ihr Werbespot für die guten Dienste findet nicht überall Support.
Publiziert: 05.09.2017 um 00:16 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:37 Uhr
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«Wir sind bereit, unsere Rolle als Vermittler anzubieten», sagt Bundespräsidentin Doris Leuthard.
Foto: KEYSTONE
Julien Duc und Matthias Halbeis

Für Doris Leuthard (54) ist in der Nordkoreakrise eines klar: Die Gegenspieler müssen sich an einen Tisch setzen. Die Schweiz sei bereit, im Atompoker zu vermitteln. Das sagte die Bundespräsidentin gestern am traditionellen Frühstück mit Korrespondenten der ausländischen Medien. Die Nachrichtenagentur Reuters verbreitete daraufhin die Nachricht weltweit.

«Überreaktionen»

Die lange Erfahrung der Schweiz bei der Vermittlung in Konflikten sei mit ein Grund für ihr Angebot, sagt Leuthard. Die Verantwortung liege aber vor allem bei China und den USA, sagt die Bundespräsidentin und warnt vor «Überreaktionen»: Twitter sei kein adäquates Instrument, um die Situation zu beruhigen.

Leuthard wiederholte nur, was das Aussendepartement bereits mehrfach dargelegt habe, sagt ihr Sprecher Dominique Bugnon zu BLICK. Laut EDA ist die Schweiz nämlich bereit, «auf jede Aufforderung zu antworten, die Stabilität und Frieden in der Region fördert».

«Das hätte man nicht in die Welt hinausposaunen müssen»

Und wie sehen das Parlamentarier? Der Präsident der zuständigen Kommission des Nationalrats, Roland Rino Büchel (51, SG), kritisiert Leuthards Vorgehen: «Das hätte man nicht in die Welt hinausposaunen müssen.» Diese Angelegenheit gehöre in das Ressort des aktuellen oder künftigen Aussenministers, meint der SVP-Nationalrat.

Ähnlich sieht dies Ex-FDP-Chef Philipp Müller (64, AG): «Solch eine mediale Ankündigung hat einen schalen Beigeschmack. Diplomatie findet hinter verschlossenen Türen statt.» Dass die Schweiz die Rolle der Vermittlerin spielen kann, sei der Allgemeinheit bekannt, sagt Müller dem BLICK. Müller nennt für Vermittlungsversuche allerdings eine Grundvoraussetzung: «Die Bedingung ist eine vorbehaltlose Gesprächsbereitschaft von sämtlichen Seiten.»

Verhandlungsmandat

Neben der Schweiz liebäugelt auch Schweden mit einem Verhandlungsmandat. Denn sowohl schweizerische wie auch schwedische Militärs überwachen den Waffenstillstand an der innerkoreanischen Grenze. Im Rennen um die Vermittlung zwischen den USA und Nordkorea haben die Skandinavier aber einen Nachteil: Sie sind Schutzmacht der USA, Kanadas und Australiens in Nordkorea. Sie können nicht mehr so neutral auftreten, wenn es um Vermittlungen im Atomkonflikt geht.

«Im Land spürt man wenig vom Konflikt»

Ein Koreaspezialist, der Reisen in das Land von Kim organisiert, sagt zur Lage vor Ort: «Im Land spürt man wenig vom Konflikt – eigentlich nur dann, wenn er am Abend in den Nachrichten thematisiert wird.» Aus seiner Sicht habe sich das Land unter Kim für Touristen geöffnet, heute sind individuellere Reisen möglich.

Wenn es zu Gesprächen zwischen den Streithähnen kommt, rechnet der Koreakenner mit zähen Verhandlungen. Er sieht die Eidgenossenschaft im Vorteil: «Die Schweiz hätte als neutrales Land wohl schon eine besondere Stellung, um in diesem Konflikt etwas zu bewegen.»

Alle aktuellen Infos zu den Geschehnissen rund um Nordkorea gibt es im Newsticker.

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