Noch immer keine Lohngleichheit
Gewerkschaft droht mit schwarzer Liste

Seit 40 Jahren steht die Lohngleichheit in der Verfassung – und es gibt auch ein Gesetz, mit dem diese umgesetzt werden soll. Doch es gibt weder Kontrollen noch Sanktionen. Die Gewerkschaft Travailsuisse schafft deswegen Transparenz – jedenfalls ein bisschen.
Publiziert: 08.03.2022 um 13:25 Uhr
|
Aktualisiert: 08.03.2022 um 13:26 Uhr
1/5
Heute ist internationaler Frauentag. Unternehmen wie die Swiss feiern das und gratulieren.
Foto: zVg
Laura Montani

Lohndiskriminierung von Frauen ist eine Tatsache, auch 40 Jahre nach Verankerung der Lohngleichheit in der Bundesverfassung. Das stellt die Gewerkschaft Travailsuisse anlässlich des Internationalen Frauentags am Dienstag fest.

Frauen verdienten im Schnitt noch immer 19 Prozent weniger – das entspricht einer Lohndiskriminierung von etwa acht Prozent, wie die Lohnstrukturerhebung des Bundesamts für Statistik zeigt. Pro Jahr bedeute das im Durchschnitt einen Lohnausfall von 6344 Franken – «kein Pappenstiel», wie Travailsuisse findet.

«Das revidierte Gleichstellungsgesetz – ein zahnloser Papiertiger»

Dabei hat die Politik dem ein Ende setzen wollen. 2020 wurde das Gleichstellungsgesetzes revidiert. Seitdem müssen Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten Lohnanalysen durchführen. Das Gesetz sei allerdings mehr eine «Alibiübung» als ein tatsächlicher Schritt Richtung Lohngleichheit, so Travailsuisse. Denn es gibt weder Kontrollen noch Sanktionen.

«Das wäre so, als wenn man sich bei Tempolimiten im Strassenverkehr allein auf die freiwillige Kooperation der Autofahrenden verlassen würde», kritisiert Thomas Bauer, Leiter Wirtschaftspolitik bei Travailsuisse. Unverständlich sei auch, dass eine «bedeutende Diskriminierung» laut Gesetz erst bei einer Lohnungleichheit von mehr als fünf Prozent vorliege.

Über 100 Unternehmen bereits auf der weissen Liste

Travailsuisse setzt daher auf einen Anreiz-Mechanismus. Auf der Plattform Respect8-3.ch können sich Unternehmen, die die erforderlichen Analysen durchgeführt haben, auf einer Weissen Liste eintragen lassen. «Auch Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitenden, die vom Gesetz ausgenommen sind, können die Analyse freiwillig durchführen und sich ebenfalls auf der Plattform registrieren», so Bauer.

Und zum Frauentag gibt es durchaus Positives zu vermelden: Die Anzahl an registrierten Unternehmen habe sich in den letzten zwölf Monaten mehr als verdoppelt. Bereits haben sich mehr als 100 Unternehmen mit insgesamt einer Viertelmillion Angestellten auf der Plattform registriert. Die Weisse Liste umfasse Unternehmen verschiedenster Branchen, Regionen und Grössen.

Schwarze Liste steht bereit

Wie es in diesen Unternehmen konkret um die Lohngleichheit steht, ist aber nicht publik. Travailsuisse kommuniziert die Ergebnisse der Analysen der einzelnen Unternehmen nicht. Immerhin gibt die Gewerkschaft an, dass fast alle registrierten Unternehmen eine unterdurchschnittliche unerklärte Lohndifferenz aufweisen – was bedeutet, dass sich vor allem Unternehmen auf der Plattform registrieren, die bereits Anstrengungen in Richtung Lohngleichheit unternehmen.

Bei der Weissen Liste soll es indes nicht bleiben: Nächstes Jahr wird Travailsuisse eine schwarze Liste für Unternehmen lancieren, die sich nicht an die Vorgaben des Gesetzes halten. Und Bauer warnt: «Sie werden dann öffentlich als Verhinderer der Lohngleichheit angeprangert.»


Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?