Die Vorgabe ist klar: Wer als Lehrperson ein Sexualdelikt begangen hat, psychisch krank ist oder ein Suchtproblem hat, gehört nicht ins Klassenzimmer. Die Kantone müssten die entsprechenden Fälle der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren (EDK) melden. Diese führt eine «Liste der Lehrpersonen ohne Unterrichtsberechtigung», damit beispielsweise übergriffige Personen nicht in einen andern Kanton weiterziehen und dort unterrichten können.
Bloss, nicht alle Kantone halten sich an die Vorgabe. Von über 125'000 Schweizer Lehrkräften stehen derzeit nur 92 auf der schwarzen Liste, wie der «Tagesanzeiger» berichtet. Die Zeitung verweist denn auch auf verschiedene Fälle, die eigentlich auf der Liste zu finden sein müssten, aber von den Kantonen nicht gemeldet wurden.
Sex mit minderjährigem Ex-Schüler
Ein konkreter Fall betrifft einen Kunstpädagogen, der mit einem 15-jährigen ehemaligen Schüler Sex hatte. Obwohl es einvernehmlich war, wurde der Mann letztes Jahr vom Bezirksgericht Bremgarten AG wegen sexueller Handlungen mit einem Kind verurteilt. Das Urteil beinhaltet nicht nur eine bedingte Freiheitsstrafe, sondern auch ein lebenslanges Tätigkeitsverbot mit Minderjährigen.
Auf der schwarzen Liste landete der Pädagoge aber nicht. Wegen des auferlegten Tätigkeitsverbots sei die Gefahr, dass die verurteilte Person erneut unterrichten könne, «äusserst gering», erklärt das Aargauer Bildungsdepartement dem «Tagesanzeiger» den Melde-Verzicht. Zudem verweist die Behörde auf die «Besonderheiten des konkreten Falls».
Nur zwölf Kantone haben Fälle gemeldet
Dabei wäre eine Meldung gemäss EDK-Richtlinie verbindlich. Doch auch andere Kantone gehen bei deren Handhabung grosszügig damit um. Aus den Kantonen Waadt oder Tessin ist keine einzige Lehrkraft registriert – und dies, obwohl entsprechende Fälle in den letzten Jahren publik wurden. Kleinere Kantone hingegen verweisen darauf, dass es bei ihnen keine entsprechenden Fälle gebe.
Nur gerade zwölf Kantone haben überhaupt Fälle gemeldet. In Zürich beispielsweise stehen 24 Personen auf der schwarzen Liste. «In etwas mehr als der Hälfte der Fälle erfolgte der Entzug der Lehrberechtigung wegen Konsums von illegaler Pornografie, beim Rest mehrheitlich wegen sexueller Belästigung», zitiert die Zeitung Volksschulamt-Leiterin Myriam Ziegler. Es geht also fast nie um Suchterkrankungen oder psychische Probleme. (rus)