Rollenspiele im Bundesrat? Die Landesregierung hat sich am Freitag vor einer Woche mit der Frage beschäftigt, ob und wie Güter aus dem Erotikbereich – vor allem solche, die bei Sadomaso-Praktiken eingesetzt werden – unter das neue Foltergütergesetz (FGG) fallen könnten. Das schreiben die Zeitungen von CH Media. Sie stützen sich dabei auf den Entwurf der bundesrätlichen Botschaft zum FGG, die zuhanden des Parlaments verabschiedet wurde.
Der Hintergrund: Im September 2017 unterzeichnete die Schweiz zusammen mit 56 weiteren Staaten eine Deklaration. Diese sieht vor, dass kein Handel mehr betrieben wird mit Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zur Folter eingesetzt werden. Der Europarat hat im Frühjahr 2021 die entsprechende Empfehlung an seine Mitgliedstaaten verabschiedet.
Schweiz will sich EU-Regeln anpassen
In der Schweiz gibt es bereits Bestimmungen, die den Handel mit entsprechenden Gütern regulieren – zum Beispiel im Waffen- oder Heilmittelgesetz. Nur: Die Gesetze sehen – mit einzelnen Ausnahmen – keine Nachprüfungen vor, ob die Güter tatsächlich nicht für Folter oder Todesstrafe eingesetzt werden.
Der Bundesrat wolle, so schreibt CH Media, die Schweizer Gesetzgebung darum an die EU-Regeln anpassen. Für die Regierung wäre es «stossend, wenn die Schweiz aufgrund fehlender rechtlicher Vorgaben als Umgehungsplattform für den Handel mit Foltergütern genutzt werden könnte».
Einen ersten Entwurf hatte der Bundesrat bereits im vergangenen Herbst in die Vernehmlassung geschickt. Die Rückmeldungen bei Kantonen, Parteien und Organisationen seien positiv ausgefallen, heisst es im Artikel.
Mehr Polizeikontrollen wegen Sadomaso-Spielzeug befürchtet
Trotzdem gab es kritische Rückmeldungen. Nämlich zu den Auswirkungen des neuen Gesetzes auf Sexspielzeug aus dem Sadomaso-Bereich. Die Ausserrhoder Kantonsregierung etwa verwies darauf, dass unter die Anhänge der EU-Anti-Folter-Verordnung, auf die sich das FGG stützt, «zahlreiche Güter fallen, welche im Erotikbereich (Sadomaso-Praktiken) zum Einsatz gelangen», zitiert CH Media aus dem Bericht.
Die Befürchtung: Sollte das Sadomaso-Spielzeug davon tatsächlich betroffen sein und künftig bewilligungspflichtig werden, sei «zu befürchten, dass die Polizeikorps vermehrt repressiv tätig werden müssten».
Seco klärte mit Deutschland ab
Das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hatte sich deshalb in dieser Frage extra beim deutschen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrollen erkundigt, wie CH Media schreibt. Die Antworten der im hessischen Eschborn angesiedelten Behörde befriedigten das Seco offenbar.
Güter aus dem Erotikbereich fallen demnach nicht in den Anwendungsbereich der EU-Anti-Folter-Verordnung und sollen auch vom neuen Foltergütergesetz nicht erfasst sein, wie der Bundesrat in seiner Botschaft ausführt. Darum brauche es keine Ausnahmen bei der Bewilligungspflicht.
Polizeikreise seien allerdings noch nicht restlos beruhigt, schreibt CH Media, sie befürchten eine Rechtsunsicherheit. Als Nächstes wird sich das Parlament mit dem FGG auseinandersetzen. (oco)