Mit Zürich fällt ein weiterer Dominostein für eine schweizweite Maskenpflicht in Läden und Geschäften. Was bereits in den Kantonen Genf, Waadt, Jura, Neuenburg und Basel-Stadt gilt, wird ab Donnerstag auch in Zürich Realität.
In Geschäften, Einkaufszentren und Märkten sei das Ansteckungsrisiko erhöht, sagte CVP-Regierungspräsidentin Silvia Steiner (62) an einer Medienkonferenz. «Die Masken erinnern ständig daran, dass das Virus noch unter uns ist.» Zudem müssen Restaurants künftig Kontaktdaten ihrer Gäste erheben. In Innenräumen von Clubs dürfen sich höchstens noch 100 Personen aufhalten, im gesamten Gästebereich 300.
Die Ansteckungszahlen im Kanton Zürich sind in jüngster Zeit wieder deutlich gestiegen. Bisher lehnte Zürich eine Verschärfung der Massnahmen aber ab – und SP-Regierungsrätin Jacqueline Fehr (57) stellte sich erst am Wochenende noch gegen weitergehende Massnahmen, was für Irritationen sorgte.
Freiburg entscheidet schon am Dienstag
Der Zürcher Entscheid gibt der Maskenpflicht-Debatte neuen Schub. Epidemiologen plädieren längst für deren Ausweitung, um eine drohende zweite Corona-Welle frühzeitig zu brechen.
Bereits fassen weitere Kantone die Läden-Maskenpflicht ins Auge. Als nächster Dominostein dürfte Freiburg fallen. Gesundheitsdepartements-Generalsekretärin Claudia Lauper-Lüthi bestätigt gegenüber BLICK: «Ja, die Maskenpflicht ist ein Thema, das im Staatsrat aktuell diskutiert wird.»
Dem Vernehmen nach wird der Freiburger Staatsrat schon am Dienstag einen Entscheid fällen. Nachdem er vor drei Wochen die Maskenpflicht noch knapp abgelehnt hat, hat der Wind nun gedreht. Diesmal dürfte sich der Staatsrat für die Maskenpflicht aussprechen.
Auch Wallis und Solothurn steuern Richtung Maskenpflicht
Richtung Maskenpflicht steuert auch das Wallis. «Die Anzahl positiver Covid-19-Fälle ist im Wallis in den letzten Wochen angestiegen, das ist problematisch», sagt Staatsrat-Präsident Christophe Darbellay (49). Deshalb müsse die Lage neu beurteilt werden. «Eine Diskussion über eine Ausdehnung der Maskenpflicht ist fällig, wir werden relativ rasch darüber entscheiden.» Und Gesundheitsdirektorin Esther Waeber-Kalbermatten (67) ergänzt: «Der Nutzen dieser Massnahme ist komplementär und kann zur Eindämmung des Virus neben den vom Bund geltenden und empfohlenen Massnahme hilfreich sein.»
Ähnlich tönt es im Kanton Solothurn: «Die Ausdehnung der Maskenpflicht ist auch im Kanton Solothurn ein Thema», bestätigt Mediensprecher Thomas Jud. Definitiv entschieden sei jedoch noch nichts. «Bisher haben wir uns um eine koordinierte Einführung gemeinsam mit den Kantonen Aargau, Baselland und Basel-Stadt bemüht», so Jud. Doch angesichts ständig steigender Fallzahlen sei dies «zu überdenken».
Solothurn hatte in den letzten 14 Tagen 93 neue Fälle zu verzeichnen – und nähert sich damit dem Schwellenwert von 40 Neuansteckungen auf 100'000 Personen innert zwei Wochen. Einen solchen Richtwert haben die vier Nordwestschweizer Kanton angedacht, ab welchem die Maskenpflicht zum Thema werden könnte. Jud sagt aber: «Entscheidend ist nicht ein einziger Wert, sondern die Gesamtsituation.» So musste der Kanton bereits mehrere Schulklassen in Quarantäne schicken. Und Solothurn gehört auch zu jenen Kantonen, die jüngst von Belgien auf die Corona-Warnliste gesetzt wurden.
In Bern steht man Gewehr bei Fuss: «Wir sind bereit, die Maskenpflicht in Läden einzuführen», sagt SVP-Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (57). Dafür hat Bern klare Kriterien festgelegt: etwa eine Hürde von 35 Ansteckungen pro Tag – am Montag waren es 12.
Zentralschweizer vorerst ohne Maskenpflicht
In den restlichen Kantonen übt man sich in Zurückhaltung. Die Zentralschweizer Kantone haben sich Anfang August gegen eine Maskenpflicht in Verkaufsläden ausgesprochen. Luzern hat zwar als erster Kanton auf ein Maskenpflicht an Schulen gesetzt, will nun aber nicht vorpreschen. Die Ausweitung sei zwar weiterhin ein Diskussionspunkt, sagt CVP-Gesundheitsdirektor Guido Graf (62). Aber: «In der Frage der Schutzmaskentragpflicht in Verkaufsläden und allenfalls an weiteren Orten wird ein koordiniertes Vorgehen der Zentralschweizer Kantone angestrebt.»
Denn die Innerschweizer Kollegen drücken auf die Bremse. Die Kantone Nidwalden, Uri oder Zug sehen derzeit keinen Bedarf. «Momentan ist die epidemiologische Lage soweit stabil, weshalb keine Massnahmen in diesem Bereich nötig sind», sagt der Zuger CVP-Gesundheitsdirektor Martin Pfister (57). «Zudem gibt es bisher auch keine konkreten Hinweise darauf, dass sich Läden speziell als Ansteckungsorte herauskristallisiert haben, weshalb eine Maskenpflicht dort nicht angebracht ist.»
Im Kanton Obwalden ist die Maskenpflicht zwar «im Allgemeinen ein Thema» – ein Entscheidungszeitpunkt ist aber offen. Entscheidend seien die Ansteckungsquellen, doch da fehlten die Erkenntnisse noch.
Gelassenheit im Osten
Auch in vielen weiteren Kantonen wird man noch länger ohne Maske einkaufen können. St. Gallen etwa will erst eingreifen, «wenn es während mehrerer Tage einen überregionalen und/oder hohen Anstieg der Fallzahlen gibt», so Sprecher Thomas Zuberbühler. Als Grössenordnung gilt die Limite von 40 Fällen. Im Schnitt sind es derzeit nur 12. «Darum sind derzeit keine weiteren Einschränkungen – wie eben die erwähnte Maskenpflicht – erforderlich.»
Auch der Kanton Thurgau bleibt gelassen: «Bei uns werden regelmässig Massnahmen diskutiert. Im Moment sehen wir eine solche aber nicht als angezeigt», sagt SVP-Regierungsrat Urs Martin (41). Wenn es nötig sei, werde eine Maskenpflicht aber eingeführt. «Hierfür sind aber nicht blosse Infektionszahlen relevant, sondern auch die Kapazitäten des Contact Tracings, die Altersstruktur der Fälle und die Umstände der Ansteckung der neuen Fälle.»
Auch in den beiden Appenzell, Baselland, Glarus, Graubünden, Schaffhausen oder Tessin steht aufgrund der aktuellen Fallzahlen eine Laden-Maskenpflicht derzeit nicht im Vordergrund. Wobei der Kanton Tessin das Maskentragen in geschlossenen Räumen zumindest empfiehlt. Grundsätzlich betonen alle Kantone, dass sie die Entwicklung laufend beobachten und analysieren – und bei Bedarf rasch eingreifen werden.