Nach umstrittener Forderung
SP-Molina will Palästinenser weiterhin unterstützen

Die Freisinnigen fordern nach dem Hamas-Angriff auf Israel, dass die Schweiz bei der Entwicklungshilfe für Palästina über die Bücher geht. In der SP sieht man diese Forderung kritisch.
Publiziert: 09.10.2023 um 14:20 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2023 um 16:00 Uhr
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Die FDP unter Thierry Burkart will, dass der Bundesrat die Entwicklungshilfe an die palästinensischen Gebiete überprüft.
Foto: keystone-sda.ch

Deutschland und Österreich handeln nach dem Angriff der Hamas auf Israel. Die Gelder für Entwicklungszusammenarbeit in den palästinensischen Gebieten würden bis auf weiteres gestoppt, teilte Österreichs Aussenminister Alexander Schallenberg von der bürgerlichen ÖVP am Montagvormittag mit. In Deutschland hatte das Bundesentwicklungsministerium am Sonntag angekündigt, sein gesamtes Engagement für die Region auf den Prüfstand zu stellen. Die EU hat entschieden, sämtliche Entwicklungshilfezahlungen an die Palästinenser einzufrieren.

Auch in der Schweiz steht ein Hilfsgelder-Stopp zur Debatte. Die FDP fordert vom Bund, zu prüfen, ob die Entwicklungshilfe gegenüber Palästina zu sistieren oder ganz abzubrechen sei. Ebenso müsse man evaluieren, «ob die Hilfe an Palästina-Organisationen, die mit der Hamas in Verbindung stehen, beendet werden» müsse, so die Partei in einer Mitteilung. Sie kündigt an, in der Finanzkommission des Ständerats am Montag einen Antrag einzureichen, um einen Überblick über die Finanzflüsse an palästinensische Organisationen zu erhalten.

Zudem, so die FDP, müsse der Bundesrat die Hamas nun als terroristische Organisation einstufen. Bisher sei es vertretbar gewesen, mit allen Parteien in der Region zu sprechen. Die Angriffe liessen das nicht mehr zu. Der Dialog mit Personen, die solche Taten planen und unterstützen, sei nicht möglich.

«Barbarischer Terror gegen Israels Bevölkerung»

Die SVP nannte den Angriff der Hamas einen «barbarischen Terror gegen Israels Bevölkerung». Sie fordert den sofortigen Stopp der Schweizer Finanzhilfen an Palästinenserorganisationen. Zudem solle die Hamas als Terrororganisation eingestuft und verboten werden. Der Nachrichtendienst des Bundes müsse umgehend sämtliche Hamas-Anhänger und -Sympathisanten in der Schweiz überwachen.

Der SVP-Nationalrat Lukas Reimann schrieb auf X (ehemals Twitter), dass sich Neutralität und Solidarität nicht ausschliesse. Er könne weiterhin für eine neutrale Schweiz eintreten, in welcher der Staat nicht Partei ergreife, und als Privatperson dennoch Partei für eine Seite ergreifen. So mache er es mit Israel. 

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Schweiz müsse Sorgfaltspflicht wahrnehmen

Die parlamentarische Gruppe Schweiz-Israel hat am Montag von Bundesrat und Parlament verlangt, Haltung und Beziehungen zur Hamas und besonders zum iranischen Regime zu überdenken. Weitaus konkreter hat die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) den Bundesrat unter Druck gesetzt. Die Schweiz müsse ihre Sorgfaltspflicht wahrnehmen und genauer hinschauen, wohin die Steuergelder effektiv fliessen. Sie kritisiert, dass sich die Hamas theoretisch nach wie vor über die Schweiz finanzieren könne, weil die Organisation hierzulande nicht als Terrororganisation eingestuft wird. Konkrete Hinweise, dass Schweizer Steuergeld bei der Hamas landet, hat die Stiftung nicht.

Es werden allerdings auch Zweifel laut, ob es die richtige Strategie ist, Hilfsgelder für Palästina auf Eis zu legen. Schliesslich haben diese das Ziel, die Lebensbedingungen der Zivilbevölkerung insbesondere im Gazastreifen zu verbessern. Direkt fliesst kein Geld an die palästinensische Autonomiebehörde. Diese gilt als hochkorrupt, zudem äussert deren Präsident Mahmud Abbas Verständnis für die Attacke der Hamas. 

SP-Molina ist gegen Hilfsgelder-Stopp

«Die Hamas hat bei ihrem Angriff die palästinensische Zivilbevölkerung in zynischer Weise zum Kanonenfutter gemacht», sagt SP-Aussenpolitiker Fabian Molina. Er ist Mitglied der parlamentarischen Freundschaftsgruppe Schweiz-Palästina.

Die Schweiz muss aus seiner Sicht ihre Arbeit für Versöhnung und humanitäre Hilfe fortsetzen. Ohne Unterstützung der Staatengemeinschaft für die palästinensische Zivilbevölkerung steige das Risiko einer weiteren Radikalisierung zusätzlich.

Die Schweiz unterstützte das Uno-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNWRA) in der Vergangenheit mit rund 20 Millionen Franken im Jahr. Dieses kümmert sich um über fünf Millionen Menschen im Gazastreifen, im Westjordanland sowie in Jordanien, Syrien und Libanon. Nach Angaben vom Montag bot das Hilfswerk in 64 seiner Schulen im Gazastreifen über 70'000 durch israelische Bombardierungen Vertriebenen Zuflucht. (SDA/lha)

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