SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo (53) hat die Schweizer Stromkonzerne im Blick-Interview am Samstag scharf kritisiert. Nicht zum ersten Mal – sie tat es schon im Februar. Das stört Axpo-Verwaltungsrat Stefan Kessler (48), wie Martullo nun berichtet.
«Im vergangenen Februar wies ich im Blick auf die Handelsgeschäfte und die grossen Spekulationsrisiken hin und forderte mehr Kontrolle von den Eignerkantonen», so die Ems-Chefin. Der für den Prüfungs- und Finanzausschuss verantwortliche Axpo-Verwaltungsrat habe sich darauf bei ihr gemeldet. «Und wies mich schriftlich zurecht.»
«Vorab informieren»
Martullo berichtet, der Axpo-Verwaltungsrat habe ihre Äusserungen mit «mit grossem Erstaunen» und «selten so etwas Unqualifiziertes und Falsches gelesen» kommentiert. Kessler schrieb ihr weiter, sie solle sich «vorab über Zusammenhänge informieren».
Inzwischen musste sich der Stromkonzern unter den Schutzschirm des Bundes retten. Für den Fall, dass die Axpo ihre Geschäfte bei einem erneuten Strompreis-Sprung rasch mit Hunderten Millionen Franken besichern muss, hat sie sich einen Vier-Milliarden-Kredit gesichert. Für dieses Geld müssen jedoch nicht ihre Eigner geradestehen, die Kantone, sondern der Bund.
Kein bisschen kleinlauter
Wer nun denkt, der Axpo-Verwaltungsrat wäre inzwischen kleinlaut geworden, irrt. Am Samstag hat Kessler ein weiteres E-Mail geschickt – im selben Stil. Die Axpo erklärt dazu am Sonntag: «Die von Frau Nationalrätin Martullo vorgebrachten Vorwürfe sind falsch, da die Kreditlinie des Bundes mit Spekulation nichts zu tun hat und der in der Schweiz produzierte Strom letztendlich auch in der Schweiz ausgeliefert wird.»
Die Axpo führe seit längerer Zeit Gespräche mit interessierten Personen aus der nationalen und kantonalen Politik zur Erklärung der energiewirtschaftlichen Zusammenhänge. Tatsächlich hatte Kessler Martullo schon im Februar angeboten, er stehe zur Verfügung, wenn sie sich über den Strommarkt informieren wolle.
Gegen das Axpo-Management durchsetzen
Dennoch sagt die Ems-Chefin: «Inzwischen höre ich, dass auch kritische Kantonsvertreter so abgewimmelt oder hingehalten wurden.» Heute seien ihre damaligen Befürchtungen Realität geworden «und der Bund muss Milliarden zur Verfügung stellen».
Sie bleibt dabei: «Nun müssen sich der Bund und die Eignerkantone gegen das Axpo-Management durchsetzen und eine fundierte Prüfung der Geschäfte vornehmen.» Die Eigenhandelsgeschäfte seien einzuschränken und es sei eine Geschäftsstrategie mit Konzentration auf die günstige Eigenversorgung der Schweiz zu definieren. Das Seilziehen um die Axpo dürfte weitergehen.