Der Kanton Aargau kann die Flüchtlingssituation nicht mehr im Normalbetrieb bewältigen – es fehlen schlicht die Unterkünfte. Darum sah sich der Aargau gezwungen, Anfang Jahr die Notlage auszurufen.
In einer Medienmitteilung schrieb der Regierungsrat damals, dass «im äussersten Notfall Gemeinden sowie Privateigentümer per Beschlagnahmungsverfügung verpflichtet werden, auch anderweitige geeignete Liegenschaften zur Verfügung zu stellen».
Nach dem Asyl-Aufschrei in Windisch fragen sich Mieterinnen und Mieter im Aargau, ob ihnen aufgrund der Notlage nun das gleiche Schicksal droht. In der Gemeinde erhielten rund 50 Mieterinnen und Mieter von drei Häusern vom Vermieter vergangene Woche die Kündigung – mit der Begründung, dass Asylsuchende in deren Wohnungen einquartiert würden. In der Liegenschaft ist eine Unterkunft für 70 Minderjährige geplant.
Kanton verspricht Zurückhaltung
Auf Anfrage von Blick teilt der Kanton Aargau jetzt aber mit, dass sich Mieterinnen und Mieter keine Sorgen aufgrund der kantonalen Asyl-Notlage machen müssen. Privateigentümer oder eine Gemeinde, die eine Liegenschaft besitzen, können aufgrund der Notverordnung nicht verpflichtet werden, Mietern zu kündigen, um eine Asylunterkunft einzurichten, heisst es beim Kanton auf Anfrage.
Wohngebäude, die aktuell bewohnt werden, würden auch im äussersten Notfall nicht beschlagnahmt. Leerstehende Häuser hingegen könnte der Kanton in einer Notlage für sich beanspruchen, sofern sie geeignet sind.
Der Regierungsrat werde «zurückhaltend und unter Wahrung der Verhältnismässigkeit» mit der Möglichkeit der Beschlagnahmung umgehen, teilt der Sprecher weiter mit.
SVP-Regierungsrat räumte Fehler ein
Der zuständige Regierungsrat Jean-Pierre Gallati (56, SVP) hat inzwischen im Fall Windisch Fehler eingeräumt. Er «bedauert die von der Evaluation der Asylunterkunft für unbegleitete minderjährige Asylsuchende (UMA) in Windisch ausgelösten Entwicklungen».
Gegenüber Blick sagt er: «Ich bitte die Betroffenen und den Gemeinderat von Windisch um Entschuldigung für diesen Fehler.» Bei der Eignungsprüfung der Liegenschaft habe der Kantonale Sozialdienst nicht beachtet, welche Auswirkungen die Kündigungen für Mieterinnen und Mieter haben, so die Erklärung des Aargauer Gesundheits- und Sozialdepartements. Beim Kanton habe man «falsche Annahmen» getroffen. Man habe nicht gewusst, dass in den betroffenen Wohnungen auch Familien mit Kindern lebten, so Gallati. (sie)