Die Mieterinnen und Mieter von drei Liegenschaften in Windisch AG haben von der Eigentümerfirma 1drittel Aleph AG aus Wollerau SZ die Kündigung erhalten. In ihre Bleiben ziehen demnächst rund 100 Asylsuchende.
Die Firma 1drittel Aleph AG gehört B. W.*, ursprünglich kanadischer Staatsangehöriger, seit 2016 Schweizer mit Wohn- und Heimatort Zürich. Weitere eingetragene Personen sind P. W.* sowie R. F:*. Von Blick telefonisch kontaktiert, möchten diese zu den Vorgängen in Windisch nicht Stellung nehmen. Es bleiben viele offene Fragen wie etwa: Warum vermietet die AG ihre Liegenschaften künftig an den Kanton und setzt die Mieter auf die Strasse?
Immobilieneigentümer nimmt Stellung
W. hat inzwischen schriftlich gegenüber dem SRF Regionaljournal Aargau Solothurn Stellung genommen: Die Liegenschaften seien in einem schlechten Zustand. Die Firma wolle diese abreissen und durch Neubauten ersetzen. «Nur aus diesem Grund haben wir den Mieterinnen und Mietern gekündigt», schreibt er. Daraufhin habe der Kanton für eine Zwischennutzung als Asylunterkunft angefragt. Die Kantonsregierung will W.s Liegenschaften in Windisch für drei Jahre mieten.
Damit bestätigt W. Gerüchte, die in Windisch kursieren. Die Mehrfamilienhäuser sollen Ersatzneubauten weichen. Die Immobilien stehen relativ zentral. Und Windisch liegt im Bezirk Brugg, der gemeinsam mit Baden AG bei Wohnungssuchenden beliebt ist. Die Leerstandsquoten sind tief und damit das Risiko gering.
Mit Kanton als Schirmherr Mieteinnahmen sichern
Die Vermietung an den Kanton spielt der Immobilienfirma stark in die Karten: W. bestätigt gegenüber dem Regionaljournal Blick-Recherchen. «Wir hätten es bedauert, die Liegenschaften im aktuellen Wohnungsmarkt gegebenenfalls für längere Zeit ganz oder teilweise leer stehen zu lassen», schreibt er. Deshalb habe man eine solche Zwischennutzung für sämtliche Parteien als sinnvoll erachtet. Anders gesagt: Dank des Kantons kann die Firma trotz Leerkündigungen ihre Mieteinnahmen sichern.
Als erfahrener Immobilienentwickler weiss W., wie lange sich solche Leerkündigungen hinziehen können. Mieterinnen und Mieter können in solchen Fällen finanzielle, berufliche oder familiäre Härtegründe anführen und haben eine gute Chance auf eine Erstreckung des Mietverhältnisses.
Erstreckungen könnten bis zu vier Jahre dauern
«In Wirklichkeit ist eine Mieterstreckung heutzutage Routine», schreibt der Schweizer Mieterinnen- und Mieterverband auf seiner Homepage. Aus Eigentümersicht kann sich das schlimmstenfalls bis zu vier Jahre hinziehen. In dieser Zeit könnten viele der Wohnungen leer stehen – und damit Mieteinnahmen wegfallen.
Nun aber gewinnt die Firma den Kanton als Schirmherr, der ein übergeordnetes Interesse hat, die Asylsuchenden unterzubringen. Weil der Kanton Aargau den Asylnotstand ausgerufen hat, könnte er im Extremfall Notrecht einsetzen und die Mieterinnen und Mieter aus den Wohnungen werfen lassen.
Firma hat «Liegenschaften mit Potenzial» im Auge
W.s Linkedin-Profil ist zu entnehmen, dass er die Firma 1drittel Aleph AG im Juni 2022 «nach mehreren Jahren Planung» gegründet hat. Die Idee sei, mit Geldern einer Investorengruppe private und gewerbliche «Liegenschaften mit Potenzial» in der Schweiz und in Deutschland zu erwerben. So wie im aktuellen Fall in Windisch.
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W. ist seit 2010 CEO der Baum Group in Wollerau. Tätigkeitsfeld: Kauf, Renovation, Verkauf von Immobilien sowie Import von Baumaterialien in die Schweiz. Und seit 2013 gibt es die Baum Developments AG, welche inzwischen Baum Property Services heisst und am Zürcher Stauffacherquai domiziliert ist. 2016 gründete er die Honeybaum GmbH, die jetzt MGI Design heisst, mit Sitz in Zürich, spezialisiert auf Kücheneinrichtungen.
SVP Aargau will Höhe der Miete wissen
Interessanterweise ist W. seit dem 24. November 2022 auch CEO der Baum Group Holdings mit Sitz in Windisch. Warum er die neue Holding vor drei Monaten gerade in Windisch domizilierte, verrät W. nicht. Die Adresse ist aber genau jene, für welche nun Kündigungen ausgesprochen wurden.
Die Einwohner von Windisch beschäftigt noch eine andere Frage: Zahlt der Kanton der Firma höhere Mieten als bis anhin? Die Bestandsmieten in den alten Immobilien sind tief, sodass sie auch für Sozialhilfebezüger bezahlbar sind. Die SVP Aargau will von der Kantonsregierung wissen, ob sie dem Vermieter künftig Mehreinnahmen beschert.
*Namen bekannt