Eines ist schon jetzt fast sicher: Welcher SVPler, welche SVPlerin auch immer den Stuhl von Ueli Maurer (71) im Bundesrat besetzen wird, das neue Regierungsmitglied wird kaum das Finanzdepartement (EFD) übernehmen. Ist dieses doch das wichtigste Schlüsseldepartement: Es gibt kein grösseres Geschäft, bei dem der Finanzminister nicht dreinreden kann. Und in so schwierigen Zeiten wie jetzt, mit Corona-Schulden, Energiekrise und tausend Begehrlichkeiten aus dem Parlament, dürfte ein Neuling damit überfordert sein.
Innenminister Alain Berset (50) hingegen werden seit Jahren Ambitionen für einen Wechsel ins EFD nachgesagt. «Die Sozis fänden es super, am Geldhahn zu sitzen», heisst es von bürgerlicher Seite. Nun wäre Bersets Chance gekommen – und der Zeitpunkt günstig.
Die beiden SPler dürfen als Erste wählen
Nach der aufreibenden Corona-Zeit dürfte Berset eine neue Aufgabe suchen. Gleichzeitig kann er darauf verweisen, als Erster seit fast drei Jahrzehnten eine AHV-Reform durchgebracht zu haben. Daneben stehen eher mühsame Geschäfte an: Weder bei der Reform der beruflichen Vorsorge noch bei den Gesundheitskosten sind Erfolge in Sicht.
Eine Rochade im Bundesrat ist also wahrscheinlich. Über die Departementsverteilung entscheidet die Landesregierung jeweils an der Sitzung nach einer Wahl. Ihre Wünsche können die Mitglieder nach Dienstalter äussern – und nach SP-Magistratin Simonetta Sommaruga (62) dürfte Berset wünschen.
Sommaruga hat jedoch erst zu Beginn der laufenden Legislatur vom Justizdepartement (EJPD) ins Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) gewechselt. Nun bereits wieder weiterzuziehen, wäre aussergewöhnlich.
Wechselgelüste gibt es so einige ...
Mit einem Wechsel von Berset aber könnten weitere Dominosteine kippen. Gerüchte ranken sich etwa immer mal wieder um FDP-Bundesrat Ignazio Cassis (61), der im Aussendepartement EDA mit dem EU-Dossier nicht glücklich wird. In Bersets Innendepartement EDI mit seinen Gesundheits- und Sozialfragen könnte sich der gelernte Mediziner wohler fühlen. Allerdings, so heisst es aus der FDP, sei von Wechselgelüsten bei Cassis wenig zu spüren.
Diese werden hingegen seiner Parteikollegin Karin Keller-Sutter (58) nachgesagt. Allerdings soll die FDP-Justizministerin vor allem aufs Wirtschaftsdepartement (WBF) spekulieren, das von SVP-Bundesrat Guy Parmelin (62) geleitet wird. Dieser wird seinen Platz allerdings kaum freimachen wollen, ist er doch erst 2019 vom Verteidigungsdepartement ins WBF gewechselt. Keller-Sutter dürfte daher abwarten, bis Parmelin geht.
... Möglichkeiten aber nur wenige
Ein offenes Geheimnis ist, dass das Verteidigungsdepartement VBS nie das Wunschdepartement von Mitte-Bundesrätin Viola Amherd (60) war. Sie habe sich aber arrangiert und kann auch Erfolge vorweisen: So hat sie nicht nur die Kampfjets durchgebracht, sondern auch ein deutlich höheres Armeebudget für die kommenden Jahre. So könnte sie mit gutem Gewissen ins nächste Departement weiterziehen.
Doch wenn Amherd wechseln will, müsste sie es jetzt machen. Die Walliserin hat immer angedeutet, dass sie nicht ewig im Bundesrat bleiben will. Allerdings soll sich die Juristin das EJPD oder das Uvek wünschen. Bleiben die beiden Departemente besetzt, muss auch sie wohl bleiben, wo sie ist.
Ueli Maurers Nachfolger wird sich also flexibel zeigen müssen. Ihm oder ihr könnte das Innendepartement, einmal mehr das ungeliebte VBS (das schon Maurer und Parmelin so rasch wie möglich verlassen haben) oder sogar das Aussendepartement bleiben. Was zur interessanten Konstellation führen würde, dass ein SVPler sich mit der verhassten EU herumschlagen müsste.
Gerüchte um weiteren Rücktritt
Allerdings ist das letzte Wort vielleicht noch nicht gesprochen: Es gibt Stimmen im Bundeshaus, die bald einen weiteren Rücktritt vermuten – und zwar aus der SP. Denn mit einer Erneuerung jetzt sinke das Risiko, dass die SP nach den Wahlen einen Sitz an die Grünen abtreten muss.
Im Fokus stehe, wie es heisst, nicht Berset, sondern Sommaruga. Dass diese mitten in der Energiekrise den Hut nimmt, ist schwer vorstellbar. Andererseits: 2018 hätte sich niemand vorstellen können, dass innerhalb von drei Tagen zwei Bundesräte zurücktreten würden. Johann Schneider-Ammann (70) und Doris Leuthard (59) haben es dennoch getan.