Nach BLICK-Recherche zu Walliser Wildhütern
Bundesrat soll Wilderei-Vorwürfen nachgehen

Drei Walliser Wildhüter werden beschuldigt, illegal Luchse und Wölfe gejagt zu haben. Nun fordert GLP-Nationalrat Martin Bäumle vom Bund, den Fällen auf den Grund zu gehen. Regierungspräsident Christophe Darbellay glaubt nicht an die Schuld der Wildhüter.
Publiziert: 21.09.2020 um 23:39 Uhr
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Die Wilderei-Vorwürfe gegen den Walliser Wildhüter Pierre D. wiegen schwer.
Foto: zvg
Ladina Triaca und Pascal Tischhauser

Jährlich landen etwa 20 tote Luchse auf den Obduktionstischen des Zentrums für Fisch- und Wildtiermedizin der Universität Bern. Jedes Tier wird bei der Ankunft geröntgt – und sorgfältig untersucht.

Am häufigsten sterben die Tiere bei einem Verkehrsunfall. Doch die Forscher stossen anhand der Röntgenbilder auch immer wieder auf verdächtige Spuren. So fanden sie zwischen 2000 und 2005 – unabhängig von der tatsächlichen Todesursache – in jedem fünften Luchs Schrotkugeln!

In vielen Fällen werden die geschützten Tiere angeschossen, überleben aber. Erst die Röntgenaufnahmen bringen ans Licht, dass sie vor die Flinte eines Wilderers geraten waren.

Walliser Wildhüter unter Verdacht

Besonders schwer wiegt der Wilderei-Verdacht im Wallis. Vor fünf Jahren fanden Forscher insgesamt 17 Luchs-Fallen direkt an der Grenze zur Waadt. Und im BLICK erhoben insgesamt fünf Zeugen schwere Vorwürfe gegen staatliche Wildhüter. Sie sollen illegal Wölfe und Luchse gejagt haben!

Die Wilderei-Vorwürfe rufen nun nationale Politiker auf den Plan. GLP-Nationalrat Martin Bäumle (56) fordert, dass der Bund den Vorwürfen nachgeht. «Ich verlange, dass die Fälle aufgeklärt werden», sagt er.

Der einstige Präsident der GLP Schweiz reicht deshalb einen Vorstoss ein, in dem er vom Bundesrat wissen will, ob diesem die mutmasslichen Wilderei-Fälle im Wallis bekannt waren und ob er – falls die Vorwürfe zutreffen sollten – Schritte gegen fehlbare Personen prüfen werde. Der Bund habe schliesslich die Aufsicht über die Kantone, sagt Bäumle. «Deshalb muss er nun reagieren.»

Darbellay tritt Boykott-Forderungen entgegen

Und auch der Walliser Regierungspräsident Christophe Darbellay (49) reagiert auf den Wilderei-Verdacht gegen drei seiner Wildhüter und auf die Boykott-Aufrufe gegen seinen Kanton, die in den Kommentarspalten laut wurden.

Der Ex-Präsident der CVP Schweiz sagt, viele Leute fänden es lustig zu behaupten, im Wallis tickten die Uhren anders als im Rest der Schweiz. «Ich finde diese Vorurteile auch den Bürgern anderer Kantone gegenüber eher einfältig. Boykotte wegen angeblicher oder tatsächlicher Fehler gegen Menschen aus bestimmten Regionen haben nie eine Berechtigung», so der Staatsrat.

Boykotte seien zutiefst unschweizerisch. «Denn selbst wenn irgendwo Fehlverhalten festgestellt wurde, trifft die Ächtung der Produkte und Dienstleistungen aus diesem Gebiet zum überwiegenden Teil Leute, die rein gar nichts mit der Fehlleistung zu tun haben. So was kommt einer Sippenhaft gleich.»

«Luchs und Wolf geschützt wie überall»

Der Staatsrat betont: «Der Fall ist klar: Luchs und Wolf sind bei uns genauso geschützt wie überall sonst in der Schweiz. Sollten diese Anschuldigungen sich wider Erwarten bewahrheiten – was ich mir wirklich nicht vorstellen kann –, sind der oder diejenigen Mitarbeiter der Walliser Wildhut, die sich der Wilderei schuldig gemacht haben, sofort ihren Job los.» Sie müssten sich vor den Justizbehörden verantworten.

Nachdem das Westschweizer Fernsehen ebenfalls Wilderei-Vorwürfe erhoben hatte, sei sofort eine Strafuntersuchung gegen unbekannt eingeleitet worden. «Wir wollen Klarheit schaffen», sagt Darbellay.

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