Um die AHV ist es besser bestellt als lange gedacht. Das Bundesamt für Sozialversicherungen gab am Dienstag bekannt: Es hat die Finanzperspektiven des Vorsorgewerks jahrelang mit einer falschen Formel berechnet. In Tat und Wahrheit dürfte das Loch in der AHV-Kasse im Jahr 2033 nur 4 statt 7,3 Milliarden betragen.
Die Nachricht bringt besonders die SP-Frauen auf die Palme. «Es ist befremdend, dass sich der Bundesrat für diesen Fehler nicht entschuldigt und nicht von sich aus vorschlägt, diese Abstimmung zu wiederholen», sagt Co-Präsidentin SP-Frauen Tamara Funiciello (34).
«Bundesrat in die Verantwortung nehmen»
Sie meint die Abstimmung über die Erhöhung des Frauenrentenalters, die 2022 hauchdünn angenommen wurde. «Die Frauen in diesem Land haben das Recht auf eine ehrliche Debatte, diese Chance wurde ihnen genommen», begründet die Berner Nationalrätin ihr Anliegen. Die SP-Frauen wollen in den nächsten Tagen die politischen und juristischen Möglichkeiten prüfen, «um Parlament und Bundesrat in die Verantwortung zu nehmen».
Unterstützung kriegen sie von den Grünen. Auch sie künden an, dass sie eine Abstimmungsbeschwerde gegen die AHV-21-Vorlage prüfen wollen. «Die Erhöhung des Frauenrentenalters wurde nur von einer hauchdünnen Mehrheit und auf Basis von falschen Zahlen des Bundesrates angenommen», teilt Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber (64) mit. Die Frauen in der Schweiz seien um ein Jahr Rente betrogen worden.
FDP fordert Konsequenzen
Die neue Ausgangslage bietet die Chance, die Frauenlöhne und AHV-Renten erhöhen, heisst es in einer Mitteilung der SP-Frauen. Der Co-Präsident der SP, Cédric Wermuth (38), kann der fehlerhaften Berechnung derweil auch Positives abgewinnen. Wie er auf X schreibt, könne man nun «alle Pläne für AHV-Abbau und Rentenaltererhöhungen getrost schreddern».
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) fordert wiederum, dass das vorhandene Geld den Versicherten gutgeschrieben werden müsse. Die 13. AHV-Rente solle schon 2025 ausbezahlt werden und nicht wie geplant erst 2026. Zudem müssten die Rentenzuschläge für Frauen, die von der Erhöhung des Rentenalters besonders betroffen sind, an die Teuerung angepasst werden, so der SGB.
Auch FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt (30) fordert wenige Minuten nach Bekanntwerden der Fehlprognosen auf X, dass diese «Konsequenzen» nach sich ziehen müsse. Er schreibt zudem, dass wohl auch das Abstimmungsbüchlein zum Urnengang der 13. AHV «komplett falsch» lag.
Die FDP möchte, dass die Geschäftsprüfungskommissionen den Vorfall untersuchen. Das schreibt sie in einer Medienmitteilung am Dienstag. Die zuständige Bundesrätin Baume-Schneider (60) müsse nach dieser «erneuten Fehlleistung Transparenz schaffen und die nötigen Konsequenzen innerhalb ihres Departements ziehen», heisst es weiter.
«Auch mit den neuen Zahlen wird die AHV in eine gigantische Schieflage geraten», befürchten die Liberalen. Ungeachtet der Berechnungsfehler sei «völlig klar», dass das Sozialwerk eine strukturelle Sanierung brauche.
Auch Renteninitiative soll nochmals vors Volk
Eher überraschend fordert auch der ehemalige Präsident der Jungfreisinnigen, Matthias Müller (32), die Wiederholung einer Abstimmung, und zwar jene der Renteninitiative der Jungfreisinnigen. Diese verlangte die Erhöhung des Rentenalters von Männern und Frauen auf 66 Jahre, anschliessend sollte das Rentenalter an die Lebenserwartung gekoppelt werden. Die Bevölkerung lehnte die Initiative wuchtig ab.
Warum also sollte die Schweiz nochmals darüber entscheiden, wenn doch die Aussichten der AHV besser aussehen? Müller geht es um demokratiepolitische Aspekte, wie er gegenüber Blick ausführt. «Bei so grobem Verfahrensfehlern muss man die Abstimmung wiederholen», so Müller. Schliesslich müsse man davon ausgehen, dass die Angaben im Abstimmungsbüchlein «schlichtweg falsch waren».