2016 wurde Donald Trump (76) US-Präsident, Grossbritannien beschloss den Brexit, mehrere Terroranschläge erschütterten Europa – und in Bern forderte Toni Brunner (48) zum ersten Mal eine Strichli-Liste. Nach Umsetzung der Ausschaffungs-Initiative wollte der damalige SVP-Präsident vom Bund wissen, wie viele kriminelle Ausländer nach Absitzen der Strafe auch wirklich das Land verlassen haben.
Seither sind sieben Jahre vergangen. Längst ist es zur Tradition geworden, dass die SVP alle drei Monate vom Bundesrat wissen will, wo die Statistik bleibt. Doch noch immer kennt der Bund die tatsächliche Ausschaffungsquote nicht.
Dank der EU
Nun aber kann sich die SVP freuen: Sie bekommt bald ihre «Strichli-Liste» – dank der EU. Denn diese Woche ging in der EU das neue Schengener Informationssystem in Betrieb, dem auch die Schweiz angeschlossen ist. Über das System erhielten die Behörden bisher schon Informationen über Fahndungen anderer Länder. Künftig sollen sie dadurch auch eine Übersicht haben, wie viele der verurteilten Ausländer, die einen Landesverweis kassierten, tatsächlich nicht mehr in der Schweiz sind.
Die Behörden verfügen zwar schon heute über Zahlen. Aber die sind, wie Blick berichtet hat, lücken- und fehlerhaft, weil der Datenfluss von den Kantonen zum Bund mehr schlecht als recht funktioniert. Deshalb weigerte sich der Bund bisher, eine Vollzugsstatistik zu veröffentlichen.
Das Zögern ist auch dadurch zu erklären, dass es bei einer anderen Ausschaffungsstatistik beim Bund schon zweimal zu einem Datenpuff kam. Zahlen dazu, in wie vielen Fällen Gerichte von der Härtefall-Klausel Gebrauch machen und von einem Landesverweis abgesehen haben, musste der Bund im Nachhinein wieder korrigieren.
2024 gibts erste Statistik
Neu würden sämtliche Wegweisungen und deren Gründe erfasst, sowohl aus der Schweiz als auch aus dem Schengen-Raum, sagt Lukas Rieder vom Staatssekretariat für Migration (SEM). «Neu wird bei den Landesverweisungen zudem erfasst, zu welchem Zeitpunkt die betroffene Person tatsächlich aus der Schweiz ausgereist ist. Ab diesem Datum beginnt das mit der Landesverweisung verbundene Einreiseverbot zu laufen», erklärt Rieder.
Da die Vollzugsstatistik nicht rückwirkend erstellt werden kann, ist es laut dem Bund erst in einem Jahr möglich, erstmals Zahlen zu liefern. «Für eine belastbare Auswertung muss zunächst eine statistisch genügend relevante Datenmenge vorliegen», erklärt das SEM das erneute Warten. Nun würde «ein Konzept zur statistischen Auswertung der neu erhobenen Daten ausgearbeitet».
Ein konkretes Datum, wann die SVP ihre Strichli-Liste erstmals kriegt, will das SEM nicht nennen. Bis dahin wird die SVP weiterhin alle drei Monate beim Bund Druck machen.