Multimillionär will Bundesrichter aus Fängen der Parteien befreien
Auslosen statt wählen

Parteienfilz soll nicht mehr ausschlaggebend dafür sein, wer Bundesrichterin wird. Und die politischen Lager sollen unliebsame Bundesrichter nicht mehr abstrafen können, fordert eine Volks-Initiative.
Publiziert: 15.05.2018 um 22:47 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 16:50 Uhr
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Initiant Adrian Gasser (r.) spricht an der Seite von Nenad Stojanovic anlässlich des Starts der Justiz-Initiative.
Foto: Keystone
Pascal Tischhauser

Es ist bloss zwei Monate her: Am 14. März strafte die SVP unliebsame Richterinnen ab. Vier Bundesverwaltungsrichterinnen, die für Asylfragen zuständig sind, verpasste die Partei einen Denkzettel: Christa Luterbacher (SP), Nina Spälti Giannakitsas (SP), Contessina Theiss (Grüne) und Esther Marti (GLP) wurden von der Wahlliste gestrichen. Und SP-Mann Keita Mutombo (42) erhielt bei seiner Wahl viel weniger Stimmen als die anderen Neugewählten: 16 Parlamentarier strichen den farbigen Kandidaten.

Zum Verdacht, dass der SVP Mutombo wegen seiner Hautfarbe nicht genehm war, äusserte sich Fraktionschef Thomas Aeschi (39) nicht. Er bestätigte BLICK damals jedoch, die Fraktion habe über die Qualität der Arbeit einzelner Richter «eingehend» gesprochen. Es sei kein Geheimnis, «dass die SVP mit der Arbeit gewisser Richter nicht einverstanden ist».

Das Richter-Abstrafen soll aufhören

Mit solchem Richter-Abstrafen soll bald Schluss sein. Geht es nach den Initianten der Justiz-Initiative, entscheidet künftig das Los über die Wahl von Bundesrichterinnen und -richtern. Seit gestern sammeln sie Unterschriften für ihre Volksbegehren.

Denn heute haben nur jene eine Chance, zum Bundesrichter gewählt zu werden, die Mitglied einer Partei sind. Doch das bedrohe die Unabhängigkeit der Justiz, finden die Initianten. Neu sollen alle – unabhängig von einer Parteizugehörigkeit – Bundesrichter werden können. Eine unabhängige Expertenkommission würde die Eignung der Interessenten prüfen. Und dann soll der Zufall entscheiden, wer es von den verbleibenden Kandidaten auf den Richterstuhl schafft.

Wie die Justitia so soll das Bundesgericht «blind» entscheiden, ohne Rücksichtnahme auf die Parteien, finden die Initianten.
Foto: LUKAS LEHMANN

Bundesrichter rentieren sich für die Parteien

Hinter der Justiz-Initiative steht der Unternehmer Adrian Gasser (75). Laut dem Multimillionär, der schon einige Kämpfe vor Gerichten ausgefochten hat, sei aber kein spezielles Urteil der Auslöser zur Lancierung des Volksbegehrens gewesen. Ihn treibe die fehlende Unabhängigkeit der Justiz seit Jahrzehnten um. 

Nun hat Gasser Mitstreiter gefunden. Eine Partei ist jedoch nicht an Bord. Kaum verwunderlich, denn die Bundesrichter liefern jährlich viele Tausend Franken an die Kassen ihrer Parteien ab. Laut «Tages-Anzeiger» nimmt die SP beispielsweise 230’000 Franken im Jahr ein.

Er hat das nötige Kleingeld

Zumindest finanziell braucht Gasser keinen Support: Er hat das nötige Kleingeld. Sein Vermögen wird auf 300 Millionen Franken geschätzt. Und er versichert: «Ich bin bereit und fest entschlossen, die Mittel einzusetzen, damit die notwendigen 100'000 Unterschriften – oder, um auf Nummer sicher zu gehen – 130’000 Unterschriften zusammenkommen.» Gasser dürfte mehr als eine Million Franken aufwerfen müssen.

Zum Initiativkomitee zählen weitere Gassers – sie sind mit dem Unternehmer verwandt – und öffentlich wenig bekannte Personen. Bis auf einen: Politologe Nenad Stojanovic (42), der sich mit dem Referendum gegen die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative einen Namen gemacht – und seine Genossen verärgert hat. In der SP hat Stojanovic seither den Ruf, durch ein gewisses Geltungsbedürfnis aufzufallen.

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