Die frühere Landesregierung hat gelogen! Das räumt alt Bundesrat Moritz Leuenberger (74) gegenüber der «NZZ am Sonntag» ein. So hatte sie jeweils bestritten, bei Geiselnahmen Lösegeld bezahlt zu haben. Doch: «Kommt eine Geisel frei, ist wohl meist bezahlt worden», erklärt Leuenberger nun im Interview.
«Aber das steht nicht ‹Lösegeld› auf dem Einzahlungsschein, sondern da werden irgendwo Spesen abgebucht», sagt der Jurist und SP-Politiker. Er war von 1995 bis 2010 Mitglied der Schweizer Regierung, zweimal Bundespräsident und stand dem Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation vor.
«Die Lüge ist ein soziales Schmierfett»
Auf die Frage, wann er nicht die Wahrheit gesagt habe, antwortete Leuenberger: «Wir haben stets verneint, für die Befreiung von Geiseln Lösegelder bezahlt zu haben.» Dies sei aus gutem Grund geschehen, weil die Schweiz damit Nachahmer und weitere Geiselnahmen habe verhindern wollen.
«Erklärt man dieses Verhalten der Öffentlichkeit, wird dies als legitime Lüge akzeptiert», so Leuenberger. Lügen hätten einen Platz in der Gesellschaft. «Die Lüge ist ein soziales Schmierfett, oder sie kann berechtigte Interessen von Dritten schützen. Stets auf die Wahrheit zu pochen, kann manchmal grösseren Schaden anrichten, als zu lügen», führte er weiter aus.
Es gab immer wieder Gerüchte
Offiziell hiess es bislang beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), dass die Schweiz kein Lösegeld zahle, um Geiseln freizubekommen.
Gerüchte um Geldzahlungen gab es allerdings immer wieder, unter anderem 2009 im Fall der Befreiung zweier Schweizer Touristen, die von der Terrorgruppe «al-Qaida im islamischen Maghreb» zwischen Mali und Niger entführt worden waren, oder bei der Freilassung eines im Süden der Philippinen entführten Schweizer IKRK-Mitarbeiters im selben Jahr. (SDA/dba)