Der Spatz in der Hand oder die Taube auf dem Dach? Das könnte man mit Blick auf die Pflege-Initiative denken. Bundesrat und Parlament legen dem Anliegen, über das am 28. November abgestimmt wird, einen indirekten Gegenvorschlag entgegen. Dieser erfüllt zwar nur die Hälfte der Forderungen der Initiative – könnte aber ungleich schneller umgesetzt werden, wie gerne betont wird.
Denn allen voran sieht der Gegenvorschlag, der bei einem Scheitern der Initiative automatisch in Kraft treten würde, eine Ausbildungsoffensive vor. So sollen Bund und Kantone fast eine Milliarde Franken in den Nachwuchs stecken – und das Bundesgesetz könnte unmittelbar in Kraft treten, falls kein Referendum ergriffen wird.
Kantone müssen ran
«Eine faule Ausrede», findet das dagegen Mitte-Nationalrat Christian Lohr (59). Das Tempo-Argument werde nur gebraucht, um die Initiative abzuschmettern. Denn ob die milliardenschwere Ausbildungsoffensive auch so schnell kommen würde, ist für ihn alles andere als klar. «Ich sehe nirgends Vorschläge für die Umsetzung.»
Neben der Zeit ist es auch eine Frage des Willens. So argumentiert auch das Initiativkomitee, dem Lohr angehört: Wenn die Kantonsparlamente sich querstellen und ihren Anteil von 469 Millionen Franken nicht sprechen, drohe das Gesetz «toter Buchstabe» zu werden.
Gesundheitsminister Alain Berset (49) wollte davon nichts hören. «Die Kantone haben ein direktes Interesse an der Ausbildungsoffensive», hielt er vor den Medien fest. «Sie könnten auch mehr Gelder investieren.»
Details offen
Laut Gegenvorschlag müssen die Kantone dafür aber auch eine Bedarfsplanung und Kriterien vorlegen. Und dort ist tatsächlich einiges offen. Unklar ist etwa, ob es dafür sogar kantonale – und zeitintensive – Gesetzgebungen braucht. Laut Bundesamt für Gesundheit ist das nicht abschliessend beantwortbar: Es komme auf die kantonalen Gegebenheiten an.
Der indirekte Gegenvorschlag gebe «lediglich die Rahmenbedingungen» vor. Konkreter wird es auch bei den einzelnen Kantonen nicht. Anfragen von Blick wurden nicht beantwortet – denn schliesslich werde die Umsetzung des Gegenvorschlags nur dann Thema, wenn die Initiative scheitere.
«Hausaufgaben nicht gemacht»
Für Christian Lohr ist klar: «Bund und Kantone haben schlicht ihre Hausaufgaben nicht gemacht.» Während der Corona-Krise sei es einfach gewesen, die Pflege zu beklatschen. «Es macht mich stinksauer, dass nicht mehr vorbereitet worden ist.»
Für ihn zählt das Argument auch nicht, dass sich bei einem Ja zur Initiative wohl genau die gleichen Fragen stellen würden – schliesslich sieht auch die Initiative selbst eine Ausbildungsoffensive vor. «Dann würde ein klarer Auftrag vorliegen», findet er. «Vor allem könnte der Bund dann nicht die Verantwortung auf die Kantone schieben.»
Genügend diplomiertes Personal und bessere Arbeitsbedingungen: Das verlangt die Pflege-Initiative, die am 28. November zur Abstimmung kommt. So brauche es etwa Massnahmen, um zu verhindern, dass Pflegende frühzeitig aus dem Beruf aussteigen, beispielsweise eine maximale Anzahl Patienten pro Pflegekraft.
Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ab, legen ihr aber einen indirekten Gegenvorschlag vor. Dieser sieht eine Ausbildungsoffensive vor, bei der Bund und Kantone insgesamt knapp unter einer Milliarde Franken über acht Jahre investieren sollen. Zudem sollen Pflegende neu gewisse Leistungen selbst abrechnen können. Für Massnahmen im Arbeitsalltag seien aber Sozialpartner und Kantone zuständig.
Genügend diplomiertes Personal und bessere Arbeitsbedingungen: Das verlangt die Pflege-Initiative, die am 28. November zur Abstimmung kommt. So brauche es etwa Massnahmen, um zu verhindern, dass Pflegende frühzeitig aus dem Beruf aussteigen, beispielsweise eine maximale Anzahl Patienten pro Pflegekraft.
Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ab, legen ihr aber einen indirekten Gegenvorschlag vor. Dieser sieht eine Ausbildungsoffensive vor, bei der Bund und Kantone insgesamt knapp unter einer Milliarde Franken über acht Jahre investieren sollen. Zudem sollen Pflegende neu gewisse Leistungen selbst abrechnen können. Für Massnahmen im Arbeitsalltag seien aber Sozialpartner und Kantone zuständig.