Früher sammelte Michael von Grünigen (52) Kristallkugeln, heute Wählerstimmen. Der ehemalige Skirennfahrer kandidiert für die SVP bei den Berner Parlamentswahlen. «Ich werde seit fast 20 Jahren gefragt, ob ich kandidieren wolle», sagt er am Telefon. «Nun habe ich gesagt, sie können mich auf die Liste nehmen.»
Während seiner Zeit als Riesenslalom-Spezialist war Michael von Grünigen bekannt für seine ruhige, bescheidene Art. Laute politische Statements hörte man von ihm nicht. «Ich habe Politisches und Sportliches immer getrennt», sagt er. Nun – 19 Jahre nach seinem Rücktritt aus dem Weltcup – sei er in einem Alter, in dem die Politik eine neue Herausforderung sein könnte.
Von Grünigen steht für ländliche Politik
Von Grünigen ist als «Buurebueb» in Schönried im Berner Oberland aufgewachsen und lebt noch heute mit seiner Frau und seinen drei Söhnen dort. Die Region habe ihn politisch geprägt, sagt er: «Ich vertrete ländliche Anliegen, weil ich hier aufgewachsen bin. Sollte ich gewählt werden, werde ich mich für die Bergregion, für den Tourismus und den Sport einsetzen.» Bei Corona, dem politischen Dauerthema, setzt er, wie die SVP, auf mehr Eigenverantwortung. «Ich bin nicht für oder gegen das Impfen. Und auch nicht für oder gegen die Massnahmen. Aber ich wünsche mir, dass der gesunde Menschenverstand mehr in den Vordergrund rückt.»
Für die SVP Obersimmental-Saanen ist von Grünigens Kandidatur ein Glücksfall. Sie will bei den Wahlen Ende März möglichst viele Listenstimmen holen, damit sie einen zweiten Sitz im Grossen Rat gewinnt. Und gibt es da ein besseres Zugpferd als den 23-fachen Weltcupsieger und zweifachen Goldmedaillengewinner im Riesenslalom?
Schon seine Gotte politisierte im Grossen Rat
Von Grünigen will sich nicht auf Prognosen einlassen. Er sagt: «Ich habe keine grossen Erwartungen.» Klar ist aber: Würde der gelernte Landmaschinenmechaniker gewählt, würde er eine Familientradition weiterführen. Seine Gotte, Bethli Küng-Marmet (76), politisierte 16 Jahre lang für die SVP im Berner Kantonsparlament.
Und auch bei den Ski-Veteranen wäre von Grünigen in guter Gesellschaft. Paul Accola (54), sein ehemaliger Teamkollege, kandidierte in Graubünden bereits mehrmals für den Nationalrat – allerdings bislang erfolglos. Accolas Frau hingegen, Valérie Favre Accola (49), sitzt seit drei Jahren für die SVP im Bündner Kantonsparlament.
Michael von Grünigen ist sich sicher, dass auch seine Familie ihn unterstützen würde, sollte er künftig als SVP-Grossrat politisieren. «Sie würden sich bestimmt hinter mich stellen», sagt er. «Auch wenn wir am Küchentisch nicht immer derselben Meinung sind.»