Mia Jenni (24) und Ronja Jansen (24) kämpfen ums Juso-Präsidium
Eine von ihnen wird die neue Funiciello

Ihre Vorgängerin Tamara Funiciello führte die Juso kampfeslustig. Jetzt wollen die Studentinnen Mia Jenni (24) und Ronja Jansen (24) Juso-Präsidentinnen werden. Sie sind kein bisschen weniger leise.
Publiziert: 04.08.2019 um 23:58 Uhr
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Aktualisiert: 08.08.2019 um 12:01 Uhr
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Wollen Juso-Präsidentinnen werden: die Aargauerin Mia Jenni (links) und die Baselbieterin Ronja Jansen.
Foto: Thomas Meier
Cinzia Venafro

Sie brauchen die wohl dickste Haut der Schweiz, denn eine von ihnen wird die neue Tamara Funiciello (29): Die Baselbieterin Ronja Jansen (24) und die Aargauerin Mia Jenni (24) kandidieren als Nachfolgerinnen der zurücktretenden Juso-Präsidentin.

Die Entscheidung, zu kandidieren, sei «wohl eine der am längsten überdachten, die ich je gefällt habe», sagt Germanistik- und Kunstgeschichte-Studentin Mia Jenni. Wohl überlegt musste es sein – denn Vorgängerin Funiciello ist eine der am meisten angefeindeten Frauen in der Schweizer Politlandschaft. Egal, ob mit BH-Verbrenn-Aktion oder dem Vorwurf, der Lo&Leduc-Megahit «079» sei sexistisch: Funiciello löste so manchen Shitstorm aus.

«Und genau so müssen wir Politik betreiben, Tamara und die Juso schlagen den richtigen Weg ein», sagen Jenni und Jansen einstimmig. «Wir müssen provokant sein, aber mit Inhalt. Wir sind nicht nur eine Partei, sondern sehen die Juso auch als Bewegung.»

«Aufhören, faule Kompromisse zu machen» 

Und die Krise der Sozialdemokratie? Lässt dies die beiden ultralinken Frauen nicht an der eigenen Ideologie zweifeln? «Ganz im Gegenteil!» Den Untergang der Sozialdemokratie im Ausland sehen Jenni und Jansen als Resultat deren moderater linker Politik. «Die Sozialdemokratie ist sicher nicht tot. Aber sie muss endlich aufhören, faule Kompromisse zu machen. Wir müssen den Menschen eine echte Alternative zum Neoliberalismus aufzeigen.»

Umverteilung, Gerechtigkeit, Feminismus: Jenni und Jansen verkörpern das Parteiprogramm der Jungsozialisten. Die Jusofizierung der Mutterpartei sei denn auch der einzig richtige Weg, um die SP aus der Krise zu führen. «Die SP ist nur so stark, weil sie immer wieder klar linke Positionen vertritt. Es ist auch die Aufgabe der Juso, diesen Kurs zu halten und zu vertiefen», so Jenni.

Sie kandidierte gegen Franziska Roth

Seit fünf Jahren ist Mia Jenni bei der Juso – politisiert unter anderem durch die Annahme der Masseneinwanderungs-Initiative der SVP. Sie kandidierte auch schon für den Aargauer Regierungsrat – gewählt wurde dann die mittlerweile zurück- und aus der Partei ausgetretene SVP-Frau Franziska Roth (55).

Doch eigentlich sei sie schon am Küchentisch politisch gewesen. Vorgelebt wurde ihr die feministische Grundhaltung von der Mutter: Diese arbeitete zu 100 Prozent als Kinderärztin – und zog, neben der ältesten Mia, vier weitere Kinder auf.

«Halt das übliche linke Klischee-Milieu»

Ronja Jansen ist das älteste von drei Geschwistern – und sog die Sozialdemokratie mit der Muttermilch auf. Ihre Mutter arbeitet als Parteisekretärin der SP Baselland, ihr Vater ist Lehrer. «Halt das übliche linke Klischee-Milieu», sagt sie lachend.

Ihr Ass im Ärmel gegen Konkurrentin Jenni: Jansen studiert Ökonomie und brillierte auch schon in einer AHV-Debatte in der SRF-Sendung «Arena». «Es ist schon schwierig, als Linke Wirtschaft zu studieren», sagt Jansen. Da habe sie sich bei Prüfungen schon oft aufgeregt – weil ihr Professor Meinungen als Fakten behandelt habe.

«Es braucht so dringend eine feministische Ökonomie! Frauen leisten so viel unbezahlte Arbeit und werden auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert. Da ist es doch absurd, wenn in der Wirtschaftstheorie nur Lohnarbeit mit einbezogen wird», so Jansen.

Beim Thema Arbeitszeit und Pensionierung sind sich die beiden Frauen auch einig: «Weniger Arbeit ist die Lösung, und zwar weniger Wochenarbeitszeit und frühere Pensionierung. Nur so können wir eine sozialökonomische Bombe entschärfen. Die Erhöhung des Frauenrentenalters ist absurd.»

Schmutzkampagnen den Wind aus den Segeln nehmen

Forderungen, Tonalität – und sogar der gleiche Jahrgang. Zudem treten Jenni und Jansen gemeinsam auf, argumentieren gemeinsam – geben auch das Interview mit BLICK gemeinsam. «Wir machen keinen Wahlkampf gegeneinander. Das wäre antifeministisch», sagen sie. Schon mit der Verkündung ihrer Kandidaturen prangerten sie «unsachliche Kampagnen, sexistische Vorwürfe, Gerüchte und sonstiges unlauteres Gebaren» an und verurteilten «Schmutzkampagnen». «Das war sozusagen präventiv. Damit es erst gar nicht zu hässlichen Szenen kommt», so Ronja Jansen.

Konziliant gegen innen, kampfeslustig gegen aussen – diese Haltung bekommt auch Mia Jennis Vater ab, der für die CVP im Gemeinderat von Obersiggenthal AG sitzt, gemeinsam mit der Tochter. «Da habe ich auch schon als Einzige gegen ihn gestimmt, weil er wollte, dass die Gemeinde nur noch 1000 statt 2000 Franken für Erdbestattungen mitfinanziert. Das konnte ich nicht fassen: Sogar fürs Sterben sollte ein Aufpreis gezahlt werden müssen?», sagt sie lachend.

Gefasst auf den Hass

Mit dem Vater politische Kämpfe ausgefochten hat auch Jansen. «Mein Vater ist dank mir sicher feministischer geworden. Und meine ganze Familie linker, als sie sowieso schon war», sagt Jansen stolz.

Jansen oder Jenni? Ende August entscheiden die Delegierten der Juso. Sicher ist: Die beiden sind gefasst auf den Hass, der ihnen entgegenschlagen wird. Vorgängerin Funiciello habe ein grosses Netz an Unterstützern aufgebaut, welche der Juso-Präsidentin bei Angriffen den Rücken stärken. «Die Beschimpfungen zeigen nur auf, wie sexistisch die Grundhaltung unserer Gesellschaft ist», so Ronja Jansen. Und Mia Jenni ergänzt: «Der Frauenhass ist ein Hilfeschrei der Männer, die Angst haben. Gut so. Angst haben wir nämlich keine.»

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