Am Freitag verkündete der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro die frohe Botschaft: Das Freihandelsabkommen zwischen dem südamerikanischen Handelsblock Mercosur und den EFTA-Staaten Schweiz, Norwegen, Liechtenstein und Island steht. «Ein weiterer grosser Sieg für unsere Diplomatie zur Öffnung des Handels», jubelte der «Tropen-Trump» auf Twitter.
Für Bolsonaro ist der Zeitpunkt ideal – für die Schweiz könnte er ungünstiger nicht sein. Nur Stunden zuvor hatte der französische Präsident Emmanuel Macron (41) mitgeteilt, Frankreich werde das Freihandelsabkommen der EU mit den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay blockieren. Dabei war der Deal längst beschlossene Sache. Der Grund für Macrons plötzliche Kehrtwende flimmert über die Bildschirme der Welt: Der Amazonas-Regenwald steht in Flammen.
Seit gestern tagt der G7-Gipfel im französischen Biarritz. Im Fokus der Staats- und Regierungschefs der grössten Industrienationen: die Brände und das Freihandelsabkommen, das die EU im Juni mit den Mercosur-Staaten abgeschlossen hat. Beides hängt eng zusammen: Soll Europa Handelsschranken auf brasilianisches Rindfleisch und Soja fallen lassen, wenn klar ist, dass der Regenwald wegen brandrodender Bauern in Flammen steht?
Deutschland hält sich bedeckt. Irland hat sich den Bedenken der Franzosen schon am Freitag angeschlossen. Finnland will über ein Importverbot von brasilianischem Rindfleisch in die EU diskutieren.
Sommaruga ist entsetzt
Und die Schweiz? Bundesrätin Simonetta Sommaruga (59): «Ich bin entsetzt über die Bilder des brennenden Regenwaldes im Amazonas. Der Amazonas ist für das globale Klima ebenso wie für die Biodiversität von herausragender Bedeutung. Wir müssen das Menschenmögliche tun, um den Amazonas zu retten.»
Was heisst das nun für die Schweiz? Bundesrat Guy Parmelin (59, SVP) nannte am Rande einer Pressekonferenz gestern in Zürich die Brände eine «Katastrophe». Die Blockadehaltung der Franzosen beeindruckt den Wirtschaftsminister aber nicht. «Vielleicht scheitert das Abkommen der EU tatsächlich noch. Aber wenn es nicht scheitert, haben die Schweizer Firmen ein Riesenproblem.»
Mit dem eigenen Abkommen habe die Schweiz einen wichtigen Schritt gemacht, um die Diskriminierung einheimischer Unternehmen gegenüber europäischen Firmen zu verhindern. Und: Es gebe ein Kapitel zur Nachhaltigkeit im Vertrag. Ziel sei es, dass die Schweiz das Abkommen spätestens 2021 ratifiziere.
Economiesuisse freuts
Aus der Schweizer Wirtschaft erhält Parmelin viel Zuspruch. So begrüsst etwa der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse das Abkommen: «Der Verhandlungserfolg räumt Handelshürden für Schweizer Firmen aus dem Weg und vermeidet schwerwiegende Wettbewerbsnachteile gegenüber den Unternehmen aus der Europäischen Union.»
Der Schweizer Bauernverband hingegen warnt: «Wir sind äusserst skeptisch gegenüber diesem Abkommen», sagt Präsident und CVP-Nationalrat Markus Ritter (52, SG) – nicht nur wegen der Brände. «In Brasilien werden über 200 sehr giftige Pflanzenschutzmittel eingesetzt, die in der Schweiz und der EU verboten sind.»
Widerstand kommt auch aus den Reihen der Grünen. Präsidentin Regula Rytz (57, BE): «Dass die Schweiz genau dann mit einem Freihandelsabkommen vorprescht, wenn in Brasilien der Amazonas in Flammen steht, ist unsäglich. Ein schlechteres Timing kann ich mir nicht vorstellen.»
Bevor ein Abkommen mit dem Mercosur-Block Tatsache ist, muss der Vertrag durch das Parlament. Sollte er diese Hürde nehmen, steht ihm mit grosser Sicherheit ein Referendum bevor. «Die Grünen wollen das Abkommen im Parlament bremsen», sagt Regula Rytz. Gelinge dies nicht, sei ein Referendum nötig. «Die Delegiertenversammlung wird das bereits nächsten Samstag diskutieren.» Unterstützung erhält sie von SP-Nationalrat Fabian Molina (29, ZH): «Ein Referendum als letzte Option ist sicher denkbar.» Dass politischer Druck bei Bolsonaro tatsächlich wirkt, zeigte sich gestern: Brasiliens Präsident hat – nach wochenlagem Zögern – die Armee gegen die Waldbrände aufgeboten.
Den Anfang machte die Europäische Union: Am 28. Juni unterzeichnete Brüssel ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay).
Wird es ratifiziert, entsteht die mit Abstand grösste Freihandelszone der Welt. Die Angst, dass heimische Exporteure in den Anschluss verlieren könnte, wenn die europäische Konkurrenz bald zollfrei nach Südamerika exportiert könnte, erhöhte den Druck auf die Efta-Mitglieder – und damit auch auf die Schweiz –, ein eigenes Abkommen zu finalisieren. Dies ist am Freitag in Buenos Aires gelungen.
Etwa 95 Prozent der Schweizer Exporte in die Mercosur-Staaten mit insgesamt 260 Millionen Einwohnern wären künftig zollbefreit. Im vergangenen Jahr umfassten die Ausfuhren rund 3,6 Milliarden Franken. Tritt das Abkommen in Kraft, rechnet das Wirtschaftsdepartement von Bundesrat Guy Parmelin mit Zolleinsparungen von 180 Millionen Franken jährlich. Auf der anderen Seite gewährt die Schweiz den Mercosur-Staaten Konzessionen für den Export von landwirtschaftlichen Produkten.
Den Anfang machte die Europäische Union: Am 28. Juni unterzeichnete Brüssel ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay).
Wird es ratifiziert, entsteht die mit Abstand grösste Freihandelszone der Welt. Die Angst, dass heimische Exporteure in den Anschluss verlieren könnte, wenn die europäische Konkurrenz bald zollfrei nach Südamerika exportiert könnte, erhöhte den Druck auf die Efta-Mitglieder – und damit auch auf die Schweiz –, ein eigenes Abkommen zu finalisieren. Dies ist am Freitag in Buenos Aires gelungen.
Etwa 95 Prozent der Schweizer Exporte in die Mercosur-Staaten mit insgesamt 260 Millionen Einwohnern wären künftig zollbefreit. Im vergangenen Jahr umfassten die Ausfuhren rund 3,6 Milliarden Franken. Tritt das Abkommen in Kraft, rechnet das Wirtschaftsdepartement von Bundesrat Guy Parmelin mit Zolleinsparungen von 180 Millionen Franken jährlich. Auf der anderen Seite gewährt die Schweiz den Mercosur-Staaten Konzessionen für den Export von landwirtschaftlichen Produkten.