Mehr Möglichkeiten für den Nachrichtendienst
Nachrichtendienst soll potenziell gewalttätige Extremisten abhören

Gewaltbereite Rechts- und Linksextreme werden in der Schweiz laut dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) immer aktiver. Nun soll der NDB schärfere Instrumente bekommen. Der Bundesrat hat die Vernehmlassung für eine Revision des Nachrichtendienstgesetzes eröffnet.
Publiziert: 19.05.2022 um 12:11 Uhr
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Einsatzzentrale des Abhörsystems des Nachrichtendienstes des Bundes: Künftig sollen auch Personen im Umfeld des Gewaltextremismus überwacht werden können. (Archivbild)
Foto: YOSHIKO KUSANO

Laut dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) sind in der Schweiz Rechts- und Linksextreme zunehmend aktiver. Deshalb will der NDB schärfere Instrumente erhalten, um diese zu überwachen. Verteidigungsministerin Viola Amherd (59) hat vor den Medien am Donnerstag deshalb verkündet, dass der Bundesrat die Vernehmlassung der Revision des Nachrichtendienstgesetzes eröffnet hat.

Vor drei Jahren hatte der NDB-Lagebericht festgehalten, dass die Entwicklung beim gewalttätigen Extremismus äusserst bedenklich sei. Bundesrätin Amherd zog damals in Betracht, potenziell gewalttätige Extremisten abhören zu lassen. Ursprünglich war eine Vernehmlassungsvorlage für Sommer 2020 geplant.

Zwei Jahre Verzögerung

Nun handelt die Landesregierung zwei Jahre später. Sie plant schärfere Instrumente für die Bekämpfung von gewalttätigem Extremismus. Es geht um zusätzliche Massnahmen zur Früherkennung und Verhinderung, wie es in einer Mitteilung vom Donnerstag heisst.

Auf eine Journalistenfrage konnte der neue NDB-Chef Christian Dussey aber nicht sagen, welche Terroristen wie heute schon überwacht werden können und welche Personen neu wie ausspioniert werden dürfen mit der Revision.

Im Vernehmlassungsentwurf ist einfach von «Organisationen und Personen, welche die demokratischen und rechtsstaatlichen Grundlagen ablehnen und zum Erreichen ihrer Ziele Gewalttaten befürworten, fördern oder verüben» die Rede.

PC und Telefone

Das Abhören von Telefongesprächen und das Eindringen in Computer ist dem Nachrichtendienst erst seit September 2017 erlaubt. Diese genehmigungspflichtigen Massnahmen darf er heute aber nicht im Bereich des gewalttätigen Extremismus anwenden.

Dass die Möglichkeiten des Nachrichtendienstes bei Extremismus heute eingeschränkt sind, ist eine Folge des Fichenskandals, der Ende der 1980er-Jahre die Schweiz erschütterte. Damals wurde bekannt, dass der Nachrichtendienst Hunderttausende aufgrund ihrer politischen Gesinnung überwachte.

Eine weitere Neuerung betrifft die Abklärungen über finanzielle Transaktionen, zum Beispiel bei der Finanzierung von Terrorismus oder Spionagenetzwerken. Der NDB hat heute keine Möglichkeit, Informationen von Finanzintermediären über die Finanzierung von sicherheitsrelevanten Personen oder Gruppierungen zu erhalten.

Bis im September

In die geplante Revision des Nachrichtendienstgesetzes flossen auch Forderungen der Aufsichtsbehörden zu den NDB-Datensammlungen ein. Unter anderem die Aufsichtsbehörde über den Nachrichtendienst des Bundes (AB-ND) ortete in ihrem zweiten Tätigkeitsbericht im März 2020 Verbesserungspotenzial in der Datenbearbeitung. Heute würden gelegentlich zu viele Daten zu lange aufbewahrt oder Berichte unsorgfältig verfasst. Der NDB müsse transparent erklären können, welche Informationen zu Personen weshalb in seinen Datenbanken gesammelt und verwendet würden. Das sei heute zu wenig der Fall.

Die Vernehmlassung dauert bis am 9. September 2022. Über die Gesetzesänderungen wird später das Parlament und allenfalls das Volk zu befinden haben. (sda/pt)

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