Ja, was denn jetzt? Sind Kinder in der Corona-Pandemie ansteckend, oder doch nicht? Die Frage spaltet die Fachwelt und sorgt für Verunsicherung. Der Corona-Delegierte Daniel Koch (65) vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) versicherte, dass Kinder praktisch nicht infiziert und das Virus folglich auch nicht weitergeben würden. Umarmungen von Enkeln und Grosseltern seien deshalb unproblematisch.
Zweifel säte der deutsche Virologe Christian Drosten (48). Gemäss einer Studie könnten Kinder eben doch gleich viele Coronaviren tragen wie Erwachsene. Der Forscher warnte vor einer unbegrenzten Wiederöffnung der Schulen. Nur kurz darauf krebste Drosten wieder zurück. Doch: Bei vielen sind Zweifel geblieben.
«Die Epidemie wird nicht durch die Kinder angetrieben»
Sämtliche Zweifel konnten auch an der Medienkonferenz mit Experten des Bundes vom Freitag nicht ganz ausgeräumt werden. Es brauche dringend grössere Studien, die weitere Erkenntnisse bringen sollen, schreiben die Wissenschaftler in der ebenfalls am Freitag publizierten Untersuchung der wissenschaftlichen Covid-19-Taskforce des Bundes. Bis dahin sollten Unsicherheiten klar kommuniziert werden – auch im Hinblick auf die Wiedereröffnung von Schulen und das Erlauben von sportlichen Aktivitäten.
«Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Kinder das Virus weitergeben können», sagte Matthias Egger, Präsident der Taskforce des Bundes. Sie steckten sich aber weniger oft an als Erwachsene. Das Risiko für eine Ansteckung sei etwa ein Drittel so gross wie bei Erwachsenen. Das heisst im Klartext: «Diese Epidemie wird also nicht durch die Kinder angetrieben», sagte Egger. Sie spielten nicht eine wichtige Rolle in dieser Epidemie. Auch Epidemiologie Marcel Salathé stützte diese Aussage.
«Kranke Kinder können das Virus selbstverständlich weitergeben»
Es bestehe also kein Problem, wenn jetzt die Schulen eröffnet würden, unterstrich Koch seine Aussagen der vergangenen Wochen. «Es wird nicht zu einer Epidemie zwischen den Kindern kommen.» Auch Umarmungen von Kleinkindern mit Grosseltern seien nicht problematisch.
Koch betonte, dass seine Aussagen für gesunde Kinder gälten. «Kranke Kinder können das Virus selbstverständlich weitergeben.» Aber kranke Kinder gehörten nicht in die Schule und auch nicht ins Haus der Grosseltern.
Die Gefahr einer zweiten Welle
Klar gemacht haben die Experten des Bundes zudem, dass weiter die Gefahr einer zweiten Corona-Welle besteht. Matthias Egger, Präsident der wissenschaftlichen Taskforce des Bundes, hält eine solche für «prinzipiell möglich». Denn viele Personen hätten die Krankheit noch nicht durchgemacht. Die weiter geltenden Schutzmassnahmen sollen dieses Szenario verhindern.
Wenn sich die Bevölkerung weiterhin an die Abstands- und Hygienemassnahmen halte, dann könne eine zweite Welle verhindert werden, sagte Egger. Auch Koch appellierte erneut an die Disziplin: «Epidemien entstehen durch das Verhalten der Leute, nicht durch das Virus an sich.»
Bund bereitet flächendeckendes Contact Tracing vor
Parallel dazu sollen in der ganzen Schweiz wieder alle Infizierten und ihre Kontaktpersonen aufgespürt und in Quarantäne geschickt werden. Das ist möglich, weil die Zahl der neuen Coronavirus-Fälle weiter sinkt. Mit dieser Eindämmungsstrategie versuche man, die Ausbreitung des Virus strikte zu unterbinden, sagte Koch.
Der Kanton Zug hatte stets diese Strategie verfolgt. Dabei seien nach einem positiven Laborbefund zuerst die Infizierten kontaktiert worden, um allfällige Kontaktpersonen zu identifizieren, sagte der Zuger Kantonsarzt Rudolf. Infizierte und Kontaktpersonen wurden dann in Quarantäne geschickt. Das Verständnis für die Massnahme sei gross gewesen.