«Die Basis soll immer der Dialog mit den Fans sein»
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Co-Präsidentin der KKJPD:«Die Basis soll immer der Dialog mit den Fans sein»

Massnahmen gegen Fangewalt – Behörden und Liga informieren
Kaskadenmodell im Schweizer Fussball kommt

Fangewalt im Umfeld von Fussballspielen gibt in der Schweiz immer wieder zu reden. Nun wollen die Bewilligungsbehörden das Kaskadenmodell trotz Ablehnung von Liga und Klubs einführen. Damit kommt es endgültig zum Bruch zwischen der Politik und dem Fussball.
Publiziert: 14.03.2024 um 12:36 Uhr
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Aktualisiert: 14.03.2024 um 17:06 Uhr
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Hat der Schweizer Fussball ein Gewalt-Problem?
Foto: Sven Thomann

Kurvensperrungen, Kollektivstrafen, Kaskadenmodell. Immer wieder kommt es im Rahmen von Fussball-Spielen zu gewalttätigen Ausschreitungen. Die ganze Fussball-Schweiz diskutiert darum regelmässig über Fangewalt – und was dagegen zu tun ist.

Die Arbeitsgruppe Bewilligungsbehörden der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) hat unter Einbezug der Swiss Football League (SFL) im vergangenen Jahr das sogenannte Kaskadenmodell entwickelt.

Die KKJPD will das Kaskadenmodell gegen Fangewalt auf die nächste Saison hin in Kraft setzen. Und zwar trotz Ablehnung der Swiss Football League (SFL) und ihrer Klubs. Dies teilten sie am Donnerstag vor den Medien mit.

SFL und Klubs gehen auf die Barrikade

Gemeinsames Ziel aller Beteiligten sei allerdings, dass das Modell gar nicht zur Anwendung kommen müsse, teilte die Arbeitsgruppe der Bewilligungsbehörden mit. Und trotzdem: Für den Fall, dass der Dialog und die weiteren präventiven Mittel Ausschreitungen nicht verhindern, müssten die Behörden auf ein Instrumentarium zurückgreifen können, das ihnen eine verhältnismässige Reaktion erlaube.

Die SFL und die Fussballklubs lehnten das Modell einstimmig ab. Sie erachten es in der Praxis als nicht zielführend, einseitig und unverhältnismässig. Es vermische Prävention und Repression und fokussiere nicht auf die Verhinderung zukünftiger Gewalttätigkeiten, wie es das vor 15 Jahren eingeführte «Hooligan-Konkordat» vorsehe.

Ebenfalls kritisierten Liga und Klubs, dass unter Berufung auf das Kaskadenmodell einzelne Elemente bereits mehrfach angewendet wurden, obwohl das Modell noch nicht verabschiedet beziehungsweise eingeführt war.

Bewilligungsbehörden enttäuscht

Karin Kayser-Frutschi (57), Co-Präsidentin der KKJPD, zeigte sich enttäuscht über die ablehnende Haltung von SFL und Klubs. Die Justizdirektorenkonferenz halte dennoch an der Einführung des Kaskadenmodells fest: «Die Öffentlichkeit und auch friedliche Fussballfans würden nicht verstehen, wenn die Behörden auf massive Ausschreitungen lediglich mit einer Intensivierung des Dialogs reagieren», sagte sie.

Das Kaskadenmodell umfasst neu vier Eskalationsstufen, die je nach Vorfall automatisch entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen. Sie reichen von einem verpflichtenden Dialog zwischen Klubs und Fans mit den Behörden (Stufe 1) bis zu einem Geisterspiel (Stufe 4). (oco)

14.03.2024, 14:32 Uhr

Medienkonferenz zu Ende

Damit endet die Medienkonferenz. Hier folgt in Kürze eine Zusammenfassung.

14.03.2024, 14:22 Uhr

«Massnahmen müssen wirkungsvoll sein»

Wichtig sei, dass man die Massnahmen wähle, die wirkungsvoll seien, sagt Claudius Schäfer auf die Frage, ob mehr Sicherheit durch die Polizei nicht extrem teuer werde für die öffentliche Hand. «Und diese sind im Hooligan-Konkordat geregelt.» Massnahmen müssten zweckmässig und wirkungsvoll sein. Man habe Zweifel, dass das Kaskadenmodell wirkungsvoll sei.

14.03.2024, 14:09 Uhr

Kaskadenmodell wird auch ohne Support der Liga und der Klubs eingeführt

Die Behörden würden das Kaskadenmodell einführen und umsetzen. Auch wenn sich SFL und Klubs nicht dahinter stellten, führt Kayser-Frutschi weiter aus.

14.03.2024, 14:07 Uhr

«Wichtig, dass wir nebst dem Dialog ein weiteres Instrument haben»

Das Kaskadenmodell sei gemeinsam erarbeitet worden, sagt Kayser-Frutschi auf die Frage, wieso man das Modell trotz Kritik der SFL und der Klubs eingeführt werden soll. Dabei habe man gewisse Makel bereits revidiert und Korrekturen vorgenommen. Allerdings: «Für die Behörden ist es extrem wichtig, dass wir nebst dem Dialog ein weiteres Instrument haben, wenn es wieder zu Ausschreitungen kommt.»

14.03.2024, 14:00 Uhr

«Nicht realistisch, Gewalt gänzlich zu verbannen»

Wanja Greuel, der CEO von YB, singt erst mal eine Lobeshymne auf den Fussball. Macht allerdings auch klar, dass Gewalt im Fussball nichts zu tun habe. Aber: «Es ist nicht realistisch, dass wir die Gewalt gänzlich aus dem Fussball verbannen können.»

Er sagt, die Einzeltäterverfolgung müsse absolut grösste Priorität haben. Das Kaskadenmodell sei nicht zielführend. Er kritisiert, dass man dabei eine Gruppe wegen einer Straftat von Einzelnen bestrafe. Trotzdem werde man Hand bieten, Gewalt und Vandalismus «so weit als möglich» vom Fussball fernzuhalten, so Greuel.

14.03.2024, 13:55 Uhr

«Weiterhin konstruktive und kooperative Zusammenarbeit»

Die SFL und die Klubs würden auch in Zukunft jederzeit konstruktiv und kooperativ mit allen Beteiligten zusammenarbeiten, um die Sicherheit innerhalb und ausserhalb der Stadien zu gewährleisten, verspricht Schäfer. Die langjährige Erfahrung zeige, dass präventive Massnahmen und der Weg des Dialogs immer zu den besten Resultaten geführt hätten.

14.03.2024, 13:53 Uhr

«Bestehende Instrumente konsequenter anwenden»

Die SFL erachtet das «Hooligan-Konkordat» als ausreichende gesetzliche Grundlage, um die Sicherheit innerhalb und ausserhalb der Stadien zu gewährleisten. «Um die heutige Situation zu verbessern, müssen die bestehenden Instrumente und Massnahmen noch konsequenter angewendet werden, insbesondere bei der Verfolgung von Einzeltätern», begründet der SFL-CEO.

14.03.2024, 13:50 Uhr

«Kaskadenmodell nicht zielführend»

Aus Sicht der SFL und der Klubs sei das Kaskadenmodell nicht zielführend. Vielmehr sei es einseitig und unverhältnismässig, so Schäfer: «Es vermischt Prävention und Repression und fokussiert nicht auf die Verhinderung zukünftiger Gewalttätigkeiten, wie es das Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen mit seinem präventiven Charakter vorsieht.»

14.03.2024, 13:49 Uhr

«Verurteilen Gewalt und Sachbeschädigungen»

Claudius Schäfer von der SFL holt zur Erklärung aus. «Wir verurteilen Sachbeschädigungen und Gewalt mit aller Deutlichkeit», so der SFL-CEO. Das «Gesamtschweizerische Lagebild Sport» der Polizeilichen Koordinationsplattform Sport (PKPS) zeige allerdings, dass es in der Super League seit Beginn der Erhebung dieser Zahlen im Jahr 2018 noch nie so wenige Fälle von schweren gewalttätigen Auseinandersetzungen gab wie in der abgelaufenen Saison 2022/23. Man verfolge darum zwei Projekte.

Erstens: Die SFL und KKJPD verfolgten gemeinsam das Ziel, Fanausschreitungen ausserhalb der Stadien zu minimieren. Zu diesem Zweck sei vor einigen Monaten das Projekt «Progresso» lanciert worden. In diesem Rahmen haben sich die SFL und die SBB auf eine partnerschaftliche Weiterentwicklung im Bereich Transport/Fanreisen geeinigt. Die SFL und die Klubs beteiligen sich unter anderem direkt oder über Marketingleistungen an den Kosten der SBB, erklärt Schäfer.

Zweitens: In einem zweiten Projekt stimmten die Klubs dem Antrag der SFL zu, lokale Stadionallianzen zu etablieren. Damit soll sichergestellt werden, dass alle Beteiligten im konstruktiven Dialog sinnvolle und zielführende Lösungen im Sicherheitsbereich entwickeln können.

14.03.2024, 13:43 Uhr

SFL unterstützt Kaskadenmodell nicht

Nun ergreift Kayser-Frutschi das Wort. Sie sagt, für den Fall, dass der Dialog und die weiteren präventiven Mittel Ausschreitungen nicht verhinderten, müssten die Behörden auf ein Instrumentarium zurückgreifen können, das ihnen eine verhältnismässige Reaktion erlaube. Das seit Monaten intensiv diskutierte Kaskadenmodell biete hier eine Hilfestellung. «Das Kaskadenmodell zeigt transparent auf, welches Fehlverhalten welche Massnahmen auslösen können», so Kayser-Frutschi.

Allerdings unterstütze die SFL dieses Modell nicht. Sie habe heute in der Projektgruppe kundgetan, dass sie die Unterstützung zurückziehe, erklärt sie. So oder so werde das Modell aber eingeführt.

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