Erst die Delta-Welle – und nun auch noch Omikron: Das Auftreten der neuen Coronavirus-Variante beunruhigt den Bundesrat. Bundespräsident Guy Parmelin (62) sprach von einem «Schock». Kein Wunder also will der Bund die Corona-Schutzmassnhamen verschärfen.
Die Vorschläge, welche die Landesregierung in Konsultation gegeben hat, sind teils massiv. Während die Ausweitung der Maskenpflicht praktisch unbestritten ist, ist der Widerstand von Kantonen und Wirtschaft in einzelnen Punkten gross. Zahlreiche Kantone stellen sich etwa gegen die Zertifikatspflicht bei privaten Treffen ab elf Personen. Das sei schlicht nicht kontrollierbar, kritisieren sie. Das flächendeckende repetitive Testen an allen Schulen wiederum sei organisatorisch nicht zu stemmen, monieren sie. Die Arbeitgeber wollen derweil von einer Homeoffice-Pflicht nichts wissen, es soll bei einer Empfehlung bleiben. Offen zeigt man sich aber gegenüber der Maskenpflicht am Arbeitsplatz.
Berset kommt Clubs entgegen
Der Gesamtbundesrat entscheidet am Freitag definitiv. Dem Vernehmen nach will Gesundheitsminister Alain Berset (49) zwar mehrheitlich an den Vorschlägen festhalten. Er geht in einzelnen Punkten aber nochmals über die Bücher und bringt gar neue Ideen ein!
Das ist nun vorgesehen:
- Die Maskenpflicht soll auf alle Innenbereiche von öffentlich zugänglichen Betrieben und Einrichtungen ausgeweitet werden, also etwa Kinos oder Fitnesszentren. Sie soll neu auch für 3G-pflichtige Veranstaltungen im Innern gelten, also etwa für Konzerte oder Eishockeyspiele.
- Die Zertifikatspflicht soll auf alle öffentlich zugänglichen Veranstaltungen in Innenräumen und auf alle sportlichen und kulturellen Aktivitäten von Laien in Innenräumen ausgeweitet werden. Das heisst, auch für die Musikprobe oder die Yogastunde braucht es künftig ein Zertifikat. Bei Veranstaltungen im Freien soll die Zertifikatspflicht bereits ab 300 statt 1000 Personen gelten.
- In der Gastronomie wird künftig nur noch im Sitzen angestossen – für die Konsumation soll nämlich eine Sitzpflicht gelten. Doch hier will Berset den Clubs und Diskotheken entgegenkommen: Neu könnten sie die Gelegenheit erhalten, freiwillig 2G einzuführen – also nur noch Geimpfte und Genesene einzulassen. Dafür wäre das Essen und Trinken im Stehen erlaubt. Berset hat sich auch in der Debatte zum Covid-19-Gesetz im Nationalrat in diese Richtung geäussert. Eine freiwillige 2G-Regelung werde von verschiedenen Unternehmungen gefordert, so Berset. Und: «Diese Flexibilität zu haben, scheint uns für die Bekämpfung einer Pandemie keine schlechte Idee zu sein.»
- Die Gültigkeitsdauer der Testzertifikate soll definitiv verkürzt werden: Ein PCR-Test gilt nur noch 48 statt 72 Stunden; ein Antigen-Schnelltest noch 24 statt 48 Stunden. Hier hat Berset in der Covid-Debatte bereits die Rückendeckung des Nationalrats erhalten. Dieser hat nämlich eine Beibehaltung der aktuellen Gültigkeitsdauer abgelehnt.
- Gute Neuigkeiten gibt es für Rückkehrer aus Omikron-Ländern! Die Einreiseregeln sollen differenziert werden – Flugverbote und Quarantänepflicht sollen weitgehend aufgehoben werden. Allenfalls bleiben einzelne kritische Länder auf der Liste. Berset hat es in der Covid-Debatte bereits angetönt. Der Bundesrat habe letzte Woche rasch reagieren müssen auf die neue Mutation, befand er. «Es ist uns aber klar, dass diese Quarantäneregelung nicht haltbar ist.» Der Bundesrat werde am Freitag diskutieren, wie man das Ganze revidieren könne, «damit es für unsere Wirtschaft und vor allem auch für die Tourismussaison, die bald beginnt, auch haltbar und umsetzbar wäre». Allenfalls versucht man hier mit strengeren Testvorgaben das Risiko auszugleichen.
- Gegen die Zertifikatspflicht bei privaten Treffen ab elf Personen gibt es starken Widerstand. Berset selbst will daran festhalten. Er hat bereits diese Woche erklärt, dieser Punkt sei mehr als Appell an die Eigenverantwortung zu verstehen. Das Thema wird im Bundesrat sicher heiss diskutiert. Denkbar ist, dass es der Bundesrat bloss bei einer Empfehlung belassen wird oder den Punkt gleich ganz fallen lässt.
- Die repetitiven Massentests an die Schulen sind für Berset eine Herzensangelegenheit. Er will daran festhalten. Allerdings sind die Labore teils jetzt schon am Anschlag, deshalb dürfte das Thema im Bundesrat umstritten sein. Berset wird die Kantone so oder so weiterhin zu möglichst flächendeckende Massentests drängen.
- Eine Homeoffice-Pflicht für alle oder allenfalls nur Ungeimpfte ist vorerst vom Tisch. Es wird bei der Empfehlung bleiben – verbunden mit Ausweitung der Maskenpflicht am Arbeitsplatz drinnen, wenn mehrere Personen anwesend sind.
- Kommt die Rückkehr zu Gratistests? Der Nationalrat hat sich deutlich dafür ausgesprochen. Daher wird die Frage im Bundesrat zumindest ein Thema sein. «Das ist selbstverständlich eine Diskussion, die in diesem Rahmen auch stattfinden wird», kündigte Berset an. Offen bleibt, ob der Bundesrat dieser Forderung bereits folgt oder allenfalls das Verdikt des Ständerats abwartet.
Quarantänepflicht fällt schon bald
Offen ist, was der Gesamtbundesrat am Freitag wirklich entscheidet. Allerdings dürfte Berset unter dem Strich mit dem angepassten Massnahmenkatalog gute Chancen haben.
Die meisten Neuerungen würden bereits per Montag, 6. Dezember, in Kraft treten. Die Anpassungen bei den Flugbeschränkungen und der Quarantänepflicht schon am Freitag um Mitternacht.
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